Grüne als Familienbetrieb

Der „Ulrich-Putsch“ gegen den Landesvorstand der Grünen an der Saar war erfolgreich. Rund zwanzig Delegierte verlassen unter Protest die LDV – und vielleicht auch die Partei

BECKINGEN taz ■ Das ging fix. Nach nur einer Stunde war das Misstrauensvotum gegen den Landesvorstand der Grünen an der Saar gestern auf der Landesdelegiertenversammlung (LDV) in Beckingen durch: mit einer Mehrheit von 90 zu 19 Stimmen. Ein nur noch formaler Akt. Denn der Vorstand trat bereits kurz vor der Abstimmung zurück. Seine Anhänger verließen umgehend den Versammlungsort. Und nicht wenige spielten mit dem Gedanken, auch die Partei zu verlassen.

Mit dem Sturz des Parteivorstands und der anschließenden Wahl eines zehnköpfigen „Marionettenvorstandes“ haben sich die Grünen wohl endgültig aus der Landespolitik verabschiedet. Denn mit dem von ihnen inszenierten Putsch ziehen die beiden Skandalnudeln der Partei, die ehemaligen Landtagsabgeordneten Hubert Ulrich und Andreas Pollak, wieder die Fäden an der Saar. „Politischen Selbstmord“ nannte das der Sprecher der Grünen Saarbrücken-Mitte, Christian Bersin. Ulrich verdealte Autos, die er zuvor mit Rabatten für Landtagsabgeordnete erworben hatte; und Pollak wurde beim Diebstahl von Badematten erwischt.

Ulrich und Pollak konnten sich auch gestern wieder auf ihre absoluten (Schein-)Mehrheiten bei den Delegierten stützen. In den Ortsvereinen der Ulrichs und Pollaks gibt es Hunderte von Parteimitgliedern. Saarlouis und Homburg stellen deshalb mit einigen anderen den beiden treu ergebenen Ortsvereinen die absolute Mehrheit der Delegierten auf Parteitagen. Dass etwa in Homburg fast 60 Prozent dieser „Mitglieder“ keine Beiträge bezahlen, 17 Prozent unbekannt verzogen sind und 11 Prozent außerhalb des Saarlands wohnen, ist seit Jahren ein offenes Geheimnis. Tatsächlich setzt sich die Anhängerschaft von Ulrich und Pollak aus mehrheitlich unpolitischen Menschen zusammen; Verwandte und Bekannte wurde zum Parteieintritt animiert. Der Vorstand hatte versucht, Klarheit in die Verhältnisse zu bringen, indem die Mitglieder per Postkarte über ihren Status Auskunft geben sollten. Das Ergebnis war der Misstrauensantrag. Und die anderen, die „Politikfähigen“? Die sind zunächst einmal frustriert nach Hause gefahren.

KLAUS-PETER KLINGELSCHMITT