Zutritt zur Potsdamer Festung

Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen die Brandenburger DVU-Landtagsfraktion. Der Verdacht: Veruntreuung von Geldern. Fraktionschefin weist den Vorwurf zurück

POTSDAM taz ■ Gesicherter können Büroräume nicht sein. Eine Tür aus Hochsicherheitsglas. Keine Klinke. Eine Kamera mit Weitwinkellinse. Ein elektronischer Türöffner, der nur bedient wird, wenn der Monitor im Sekretariat ein bekanntes Gesicht zeigt.

Die Besucher, die am Donnerstagvormittag Einlass in den Hochsicherheitstrakt der Brandenburger DVU-Landtagsfraktion begehrten, waren unbekannt, doch sie hatten leichtes Spiel. Sie kamen von der Potsdamer Staatsanwaltschaft. Ihr Auftrag: Durchsuchung. Ihr Grund: eine anonyme Anzeige. Ihr Verdacht: Veruntreuung von Geldern.

„Die Abgeordneten werden verdächtigt, Landesgelder, die nur für die Arbeit ihrer Fraktion bestimmt sind, zweckwidrig an die Parteizentrale abgeführt zu haben“, sagt Benedikt Welfens, Sprecher der Potsdamer Staatsanwaltschaft. Nach vorsichtigen Schätzungen soll es sich um eine Summe zwischen 50.000 und 100.000 Mark handeln.

Die Vermutung, dass der Münchner DVU-Vorsitzende Gerhard Frey die Partei als Wirtschaftsunternehmen nutzt, ist nicht neu. Es wird geargwöhnt: Frey finanziert den Wahlkampf, im Gegenzug fordert er eine Teilabgabe der Fraktionsgelder.

Sein Aufwand im vergangenen Jahr war riesig: Rund drei Millionen Mark steckte der Münchner Rechtsextremist in den brandenburgischen Landtagswahlkampf. Die Ergebnisse: 5,3 Prozent, Einzug in das Parlamentsgebäude auf dem Potsdamer Brauhausberg – und 1,35 Millionen Mark pro Jahr für die Arbeit der fünfköpfigen Fraktion.

Die finanzielle Lage der Frey-Partei ist prekär. Erst im vergangenen Jahr ist eine interne Untersuchung bekannt geworden, wonach der Parteichef zum Jahresende rund 15 Millionen Mark „Unterdeckung der DVU“ erwartete. Deshalb lehnte der Bundesvorstand auch ein Antreten bei der Landtagswahl im Februar in Schleswig-Holstein ab.

Empört über das Vorgehen der Staatsanwaltschaft zeigt sich die DVU-Fraktionsvorsitzende im Potsdamer Landtag, Liane Hesselbarth. „Es findet keine Parteienfinanzierung aus Fraktionsgeldern statt“, sagt sie. 1.200 Mark spende jeder Abgeordnete ans Münchener Mutterhaus, „auf freiwilliger Basis“. Hinter der Aktion vermutet sie „eine Verleumdungskampagne“ politischer Gegner oder einen „Racheakt ehemaliger Mitarbeiter“.

Seit Monaten kommen die märkischen Rechten nicht aus den Schlagzeilen. Zwei Fraktionsmitarbeitern ist gekündigt worden – unter anderem dem Geschäftsführer. Der Vorwurf lautete: Verbreitung von Kinderpornografie und Griff in die Fraktionskasse. Die Ermittlungen wurden gegen Zahlung einer Geldbuße eingestellt.

Im politischen Alltagsgeschäft fiel die DVU durch den Boykott der Holocaust-Gedenkfeier im KZ Sachsenhausen auf, zu der der Landtag aufgerufen hatte. In der ersten aktuellen Stunde referierte ein DVU-Abgeordneter über die Bedrohung der „deutschen Urbevölkerung“ durch „ausländische kriminelle Gruppierungen“. Jens Rübsam