Auf Heller und Pfennig

■ In Frankfurt/Oder wurde kürzlich das Stadttheater geschlossen. Volker Heller, der Chef der Bremer Controlling-Firma „kmb“ hat dafür jahrelang Sterbehilfe geleistet. Ein Blick zurück auf ganz andere Verhältnisse in Brandenburg

Wird die Glocke erneut umgebaut – vier Jahre nach ihrer aufwendigen Fertigstellung zum „schönsten Konzertsaal Deutschlands“? Die Gerüste, Platten, Farbtöpfe, Bohrmaschinen, Hämmer, die Kabel, Lampen und Lautsprecher signalisieren etwas anderes: Kunst zieht ein. Im Auftrag des Musikfests und in Kooperation mit der Glocke installiert der 1963 geborene Berliner Künstler Götz Lemberg sein Gesamtkunstwerk „Klangtranstase“. Zwei Jahre arbeitete er daran, und sein Konzept geht weit über das hinaus, was man gemeinhin unter „Klanginstallation“ versteht. Der Historiker und Seiteneinsteiger Lemberg will zum Klingen bringen, was sich immer in einem Konzertsaal abspielt, aber überhört wird, sozusagen daneben ist. „Klang passiert nicht nur übers Ohr, sondern über Bewegung, über Licht, und vor allem: „Man hört mit der Haut“, sagt Lemberg in dem Baustellenkrach.

Fast nichts ist wiederzuerkennen. Im großen Saal, den Lemberg als eine Skulptur versteht, sitzen nackte Schaufensterpuppen auf den Plätzen, einige sind mit Mikrophonen ausgestattet. Der Zuschauer kann sie ansprechen, und sie antworten. Der Geräuschpegel besteht aus dem, was „sich nicht gehört“: Es gibt „eine kleine Handymusik“ und rhythmisiertes Räuspern. „Ich will die normale Hörerwartung unterlaufen“, sagt Lemberg. Was die Puppem von sich geben, hängt ab von dem, was die ZuschauerInnen eingeben.

Auf dem Weg in den großen Saal im ersten Stock wird das im Foyer vielfältig auch anders vorbereitet: „Alltag“ ist nach einem Labyrinth mit echten und virtuellen Türen das Thema für die Anregung zu veränderter Wahrnehmung. Da gibt es einen Liebesraum. Schattenspiele und Interviews über die Liebe sind die Grundlage. Da gibt es in einem alten DDR-Eiwohnwagen eine akustisch umgesetzte Meditation über die Lebensalter. Da gibt es einen komplett orangefarbenen Raum, in dem so viele Stoffe hängen, dass sie klingen, wenn man durchgeht: „Man hört mit der Haut.“ Im kleinen Saal entsteht eine „Hörgeschichte der Menschheit“: Man geht durch Klänge des Nichts, der Materie, des Atmens und der mechanischen Geräusche des industriellen Zeitalters.

Alles soll hier noch nicht verraten werden: Sechzehn Handwerker bauen bis zur Premiere am 1. Juli. Das Ende wird die Stille sein – in einem Lichtraum mit 200 Leuchtröhren.

Immer versucht Lemberg eines: Erfahrung und Fühlen in Klang umzusetzen. Seine nicht-künstlerische Ausbildung hält er für eine unabdingbare Voraussetzung dafür: „Sonst könnte ich meinen Visionen gar nicht folgen.“ Den künstlerischen Durchbruch erreichte Lemberg in Berlin, wo er den französischen Dom am Gendarmemarkt mit einer Licht-Klang-Spirale ausstattete. usl/Foto: Michael Jungblut

„Klangtranstase“: vom 1. Juli bis 19. August in der Glocke; täglich außer di. von 16 bis 22 Uhr, sa. und so. 12 bis 22 Uhr