eu-gipfel in feira
: Europäisches Dilemma

Feira sollte kein Österreich-Gipfel werden, hatte Portugals Premier Antonio Guterres geradezu beschwörend verkündet. Um das leidige Thema der diplomatischen Sanktionen gegen die Regierung Schüssel vom Gipfel fern zu halten, stellte Portugal einen Dialog über ein Ausstiegsszenario in Aussicht – nach dem Gipfel. Dass Feira schließlich nicht nur durch die Sanktionenfrage, sondern auch noch durch den Streit über Quellensteuer und Bankgeheimnis zum Österreich-Gipfel wurde, zeigt, in welches Dilemma sich die EU manövriert hat.

Was immer man von der Herabstufung der bilateralen diplomatischen Beziehungen der EU gegenüber der österreichischen Rechtskoalition halten mag: Die so genannte Sanktionendebatte wird alle wichtigen Konferenzen der Union überschatten, bis Österreich wieder als normales Mitglied in der europäischen Familie aufgenommen ist.

Kommentarvon RALF LEONHARD

Allerdings machen die Österreicher den Partnerländern die Sache nicht leicht. Da dekoriert ein frisch gebackener FPÖ-Landesparteichef verdiente Mitglieder mit dem SS-Motto: „Unsere Ehre heißt Treue“. Und Außenministerin Benita Ferrero-Waldner verabredet sich auf ihrer Image-Tour durch Westeuropa ausgerechnet mit der notorischen EU-Gegnerin Margaret Thatcher zum Tee. So moralisch korrekt es ist, die Regierungsbeteiligung der aggressiv-fremdenfeindlichen FPÖ zu tadeln, so kontraproduktiv sind die Maßnahmen für das europäische Anliegen. Es ist inzwischen eine Binsenweisheit, dass die außenpolitische Quarantäne die Regierung innenpolitisch gestärkt hat.

Selbst die parlamentarische Opposition setzt sich neuerdings für die Aufhebung der so genannten Sanktionen ein, weil diese von den innenpolitischen – allerdings absolut EU-konformen – Grausamkeiten ablenken. Wollte Brüssel die Regierung nach ihren Taten beurteilen, wie Kanzler Schüssel es fordert, würden keine Verstöße gegen europäische Werte entdeckt.

Die Frage, wie man reagieren soll, wenn demnächst in Italien die rechts von der FPÖ angesiedelte Lega Nord mitregiert, stellt sich lieber niemand. Deswegen wird hinter den Kulissen längst nach einem Ausweg unter allgemeiner Gesichtswahrung gesucht. Nicht einfacher wird das Dilemma, wenn die Portugiesen die heiße Kartoffel an die französische Ratspräsidentschaft weitergeben. Jacques Chirac, von FPÖ-Chef Haider als Westentaschen-Napoleon abqualifiziert, dürfte ein Scheitern der Isolationspolitik kaum einräumen.