Europa haut den Schüssel in die Pfanne

Stundenlang blockierte Österreichs Kanzler Schüssel beim EU-Gipfel eine Einigung bei der Steuerharmonisierung. Dann musste er doch nachgeben. Ohne eine Aufhebung der Sanktionen

BRÜSSEL taz ■ Stundenlang rangen die 14 Staatschefs der EU mit den Vertretern Österreichs, schließlich musste sogar das Gipfeltreffen im portugiesischen Feira verlängert werden, doch dann war es geschafft. Bundeskanzler Wolfgang Schüssel lenkte beim Streit um die Zinsbesteuerung ein. Der Kompromissvorschlag einer Meldepflicht für Zinsen ausländischer Anleger, dem am Montag bereits Luxemburg und Großbritannien zugestimmt hatten, war gerettet.

Mit dem Hinweis auf das Bankgeheimnis des Landes hatte zuvor Österreichs Finanzminister Karl-Heinz Grasser die Einigung blockiert. Daraufhin hatte der deutsche Finanzminister Hans Eichel Österreich vorgeworfen, „nicht gemeinschaftsfähig“ zu sein. Beobachter vermuteten, Österreich wolle seine Zustimmung zu dem Steuerkompromiss gegen eine Garantie eintauschen, dass die Sanktionen gegen das Land noch vor Ablauf der portugiesischen Präsidentschaft Ende des Monats gelockert würden. Die 14 anderen Staats- und Regierungschefs hatten Österreich Anfang des Jahres wegen der Regierungsbeteiligung der rechtspopulistischen FPÖ mit einem Bann belegt.

Auf die Frage, ob ein Zusammenhang zwischen Österreichs Zustimmung zum Steuerkompromiss und einer neuen Haltung zu den Sanktionen bestehe, sagte der portugiesische Ratspräsident Guterres: „Absolut nicht. Solche Tauschgeschäfte gibt es in Europa nicht. Österreich sind bei den Sanktionen keine Zugeständnisse gemacht worden.“ Er werde aber noch vor Ende seiner Präsidentschaft versuchen, im Einvernehmen mit den 13 anderen Regierungschefs einen Weg aus der Sackgasse zu finden. Auch Bundeskanzler Gerhard Schröder wies Vermutungen zurück, es habe Zugeständnisse an Österreich über ein Ende der Sanktionen gegeben. „Es hat keine parallelen Diskussionen gegeben, es wurden nur Sachdiskussionen geführt.“

Die Einigung bei der Zinsbesteuerung ist das einzige konkrete Ergebnis der Ratspräsidentschaft Portugals. Zu allen anderen Themen konnte sie nur Vorarbeit leisten. So einigte man sich darauf, die Tagesordnung für die Regierungskonferenz um den Punkt „verstärkte Zusammenarbeit“ zu erweitern. Ein weiterer Beschluss betraf die Erweiterung der Krisenreaktionskräfte. Ab 2003 will die EU in der Lage sein, innerhalb eines Monats 5.000 Polizisten zu entsenden. Nach dem Tod von 58 Flüchtlingen in Dover kündigte Frankreich eine gemeinsame Initiative zum Kampf gegen Schleuserbanden an.

DANIELA WEINGÄRTNER

ausland SEITE 10siehe auch SEITEN 3 und 11