Sparetat – und kaum einer weint

Der Kompromiss um die Kassenbeiträge für Arbeitslose hat den Weg freigemacht: Gestern verabschiedete das Kabinett den Sparetat 2001. Gewinnerin ist die Bildung. Verlieren werden eher die Arbeitslosen: Arbeitsminister Riester spart eifrig mit

von NICOLE MASCHLER

Seiner Rolle als Moderator ist Gerhard Schröder wieder einmal gerecht geworden. Unter dem sanften Druck des Kanzlers haben Arbeitsminister Walter Riester (SPD) und Gesundheitsministerin Andrea Fischer (Grüne) am Dienstagabend ihren Streit ums Geld beigelegt und damit den Weg freigemacht für den Haushalt 2001.

Der Arbeitsminister will die Kassenbeiträge, die der Bund für Empfänger von Arbeitslosenhilfe übernimmt, im kommenden Haushaltsjahr nur noch um 1,2 statt wie geplant um 2,4 Milliarden Mark senken. Die andere Hälfte sollen Riesters Kollegen gemäß ihrem Anteil am Gesamthaushalt beisteuern. Haushälter kennen dafür das sperrige Wort der „globalen Mindereinnahme“. Weitere Kürzungen hatte Fischer strikt abgelehnt, weil der gesetzlichen Krankenversicherung dadurch Einnahmen in Millionenhöhe verloren gingen.

Der Haushalt 2001, den das Kabinett gestern verabschiedete, sieht Ausgaben des Bundes von 478,7 Milliarden Mark vor. Das sind rund hundert Millionen Mark weniger als in diesem Jahr – obwohl Finanzminister Hans Eichel vor zusätzlichen Belastungen von mehr als 20 Milliarden Mark steht. Mögliche Steuerausfälle durch das im Vermittlungsverfahren befindliche Steuersenkungsgesetz hat er ebenso einkalkuliert wie den steigenden Bundeszuschuss zur Rentenversicherung in Höhe von zehn Milliarden Mark. Begünstigt wird Eichels Sparkurs durch die gute Konjunktur: steigende Steuereinnahmen und sinkende Arbeitslosigkeit.

Zugestimmt hat das Kabinett gestern auch der mittelfristigen Finanzplanung für die Jahre 2001 bis 2004. Dort konnte der Finanzminister das Messer nicht ganz so tief ansetzen: Bis 2004 werden die Ausgaben wieder auf 502,5 Milliarden Mark ansteigen. Mit seinem Sparpaket will Eichel das Versprechen einlösen, bis zum Jahr 2006 einen ausgeglichenen Haushalt vorzulegen.

Zeichen setzen wollte Rot-Grün mit der Finanzspritze für den Bildungsbereich. Ministerin Edelgard Bulmahn kann sich über ein Plus von 780 Millionen Mark freuen, das sie in die Bafög-Reform und den Hochschulneubau stecken will. Eichel habe ihr außerdem zugesichert, dass die Zinsersparnisse aus der Versteigerung von Mobilfunklizenzen voll in Bildung und Forschung fließen, sagte sie am Dienstag.

Doch dem Signal, dass die Regierung es ernst meint mit dem Kampf gegen Arbeitslosigkeit und der Investition in die Zukunft, stehen massive Kürzungen bei den Arbeitslosen gegenüber. Zwar bleibt der Etat für Arbeit und Soziales mit 168,3 Milliarden Mark auch weiterhin der größte Posten – vor dem Etat für Verteidigung und dem für Bau und Verkehr. Aber Riester kürzt nicht nur die Kassenbeiträge für Arbeitslose. Auch der Bundeszuschuss an die Bundesanstalt für Arbeit, der in diesem Jahr noch 7,7 Milliarden Mark beträgt, fällt künftig weg. Der Zuschuss gilt als Gradmesser für Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen. Prompt kritisierte die PDS gestern den „Ausstieg aus der aktiven Arbeitsmarktpolitik“. Dies sei unverantwortlich angesichts der hohen Arbeitslosigkeit im Osten.

Kritik an der Kürzung der Kassenbeiträge kam aus der Union. Der gesundheitspolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Wolfgang Lohmann, sprach von einer Kapitulation Fischers. Eichel verteidigte den Kompromiss: Die Kassen könnten die Ausfälle verkraften. Er betonte, dass es sich nicht um einen Sparhaushalt handle, „sondern um einen Haushalt der Zukunftssicherung“.

Der Bundestag wird im September über den Etat beraten.