Albaner-Willi bleibt hart

■ Mammutverfahren gegen Zuhälter: Drei Beschuldigte nehmen Deal mit dem Gericht an und gestehen. Hauptangeklagte lehnen ab

Ihre „Ganovenehre“, wie Rechtsanwalt Dreßler es schmunzelnd nennt, konnten sie retten. Die Kammer erwartet nur ein Geständnis ihrer eigenen Taten, nicht aber, dass sie sich zu Kronzeugen gegen ihre Freunde machen. Drei der Angeklagten im Mammutverfahren wegen Zuhälterei am Straßenstrich in der Süderstraße nehmen den Deal an, gestehen und kommen mit moderaten Gefängnisstrafen zwischen zwei Jahren auf Bewährung und viereinhalb Jahren davon. Zwei Männer hingegen haben die Verhandlungen im Vorfeld platzen lassen: Der als „Albaner-Willi“ bekannte Musa A. und sein Bruder Imer – die Hauptangeklagten.

Seit 1994 sollen die Männer sämtliche Bordelle rund um die Süderstraße unterhalten haben. Die Arbeitsmodalitäten der Prostituierten habe Musa A. festgelegt, heißt es in der Anklage. Seine Kumpel seien für ihn Geschäftsführer gewesen, hätten die Einhaltung der Regeln kontrolliert und das Geld eingetrieben. Die Frauen hätten sie in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gehalten. Sie wurden beaufsichtigt, kontrolliert und zum Weitermachen gezwungen.

Der Prozess, der Montag eröffnet wurde, ist bis Mitte des kommenden Jahres terminiert. Die Strafkammer hatte großes Interesse, die aufwendige Beweisaufnahme abzukürzen. Deshalb hat sie im Vorfeld Gespräche mit der Staatsanwaltschaft und den Verteidigern der angeklagten Männer aufgenommen und diesen Angebote gemacht, die sie laut Rechtsanwalt Dreßler „nicht ablehnen konnten“: Im Fall eines Geständnisses wurde der Erlass von einem Drittel der zu erwarteten Strafe in Aussicht gestellt. Auch Verteidiger Anisic spricht von einem „ganz hervorragenden Ergebnis“. Sein Mandant Andre R. beispielsweise geht nun für zwei Jahre und 10 Monate ins Gefängnis. „Der Prozess hätte wahrscheinlich länger gedauert, als mein Mandant jetzt in Haft bleiben muss.“

Woran die Verhandlungen mit den Brüdern A. gescheitert sind, verrieten deren Rechtsanwälte ges-tern nicht. Ihr Verfahren wird nun abgetrennt und durchgezogen, während die übrigen Angeklagten in der kommenden Woche ihr Urteil entgegennehmen werden.

Wie groß der Druck ist, Prozesse ökonomisch zu gestalten, zeigte sich gestern auch an anderer Stelle. Die Kammer hatte einen Ersatzrichter beantragt, der in dem Fall einspringen sollte, dass ein Richter erkrankt und das Verfahren zu platzen droht. Das Präsidium des Oberlandesgerichtes lehnte ab: Wegen Personalmangels stünde kein Ersatzrichter zur Verfügung.

Elke Spanner