Großes Vorbild: Covent Garden Market

Die ehemalige Rinderauktionshalle in Prenzlauer Berg sucht eine neue Funktion. Eine Ausstellung zeigt, was andere Städte mit ihren alten Markthallen anstellen. In Berlin sind noch vier von ehemals vierzehn solcher Hallen erhalten

Rinder brüllen zu Tausenden, mörderischer Gestank und feilschende Großviehhändler – es braucht viel Fantasie, um in dem maroden Gebäude auf dem früheren Zentralviehhof in Prenzlauer Berg eine ehemalige Rinderauktionshalle zu erkennen. Genauso viel Vorstellungskraft braucht man, um sich eine zukünftige Nutzung dieses mit 277 Meter Länge und 72 Meter Breite riesigen Komplexes vorzustellen. Hilfestellung gibt jetzt eine Ausstellung in der alten Rinderauktionshalle, dem künftigen zentralen Gebäude des Entwicklungsgebietes Eldenaer Straße.

Schwerpunkt der Schau ist der Vergleich: Sie zeigt, wie sich ähnliche Hallen in anderen Städten heute präsentieren. Neben der Ausstellung mit dem Titel „Markt- und Auktionshallen“ findet derzeit ein studentischer Wettbewerb und im Juli ein wissenschaftliches Symposium statt. Sie werden parallel zur Ausschreibung des Gebäudes von der Stadtentwicklungsgesellschaft Eldenaer Straße (SES) veranstaltet.

Ausgangspunkt der Ideenfindung und zugleich Dokumentation ist die Architekturgeschichte und der Beginn städtischen Hallenbaus Anfang des 19. Jahrhunderts. Unter Napoleon begann man in Frankreich Markthallen als städtische Bauaufgabe zu begreifen, um die katastrophalen hygienischen Bedingungen der offenen Wochenmärkte zu beseitigen.

In Berlin entstanden ab 1867 vierzehn Markthallen, von denen heute noch vier – darunter die Ackerhalle in Mitte und die Marheinekehalle in Kreuzberg erhalten sind. Nach dem Zweiten Weltkrieg wanderten Industrie und Gewerbe an die Stadtränder, in ganz Europa verloren die Hallen ihre Funktion. Der Pariser Fleischmarkt „La Villette“, der architektonisch als Vorbild der Berliner Rinderauktionshalle gilt, beherbergt heute eine Kultur-Mehrzweckhalle. Als gelungenes Beispiel wird auch der mit privaten Mitteln umgebaute „Covent Garden Market“ in London vorgestellt.

Nach Vorstellungen der SES soll die unter Denkmalschutz stehende Berliner Rinderauktionshalle eine ähnliche Rolle bei der Entwicklung des neuen Stadtviertels für 1.900 Wohnungen mit einer Gesamtinvestition von rund 2 Milliarden Mark spielen wie der Covent Garden Market. Bis jetzt sind auf dem Gelände vor allem alte Gebäude abgerissen worden. Neues existiert vorerst nur auf dem Papier. Der Verkauf der zentralen Halle wird deshalb zum Schlüssel bei der weiteren Gestaltung des Gebietes. „Wenn es uns gelingt, dort ein attraktives Angebot zu etablieren, wird diese Halle nicht nur für die nächste Umgebung ein Magnet sein, sondern vielleicht sogar über die Grenzen Berlins hinaus“, hofft Hans-Jörg Schmidt von der SES. Bisher sei zwar schon ein Drittel der Liegenschaften an Investoren verkauft worden. Von der erfolgreichen Vermarktung der Halle erhofft sich Schmidt starke Impulse für die Ansiedlung weiterer Gewerbe. Klare Vorstellungen zur künftigen Nutzung der Halle gibt es noch nicht. MATTHIAS SCHLEGEL

„Markt und Auktionshallen. Geschichte und Entwürfe für neue Nutzungen“ bis 12. September, Mo-Fr 15-19 Uhr. Eldenaer Straße 36a. Eintritt frei