Switched-on-Bach

Vom Sofa zur Bar und zurück: Elektronisches HipHop-Barock-Crossover mit Arovane in der Lounge des WMF

Irgendwann in ferner Zukunft wird sich die Kulturwissenschaft einmal einem Phänomen zuwenden, dessen Tragweite heute nur wenigen Menschen bewusst ist: Der Einfluss von Hörspielkassetten und in jugendlichem Eifer umgebauten Kinderzimmer-Kassettenrekordern in den späten Siebzigern und frühen Achtzigern auf die Produktion elektronischer Musik zwanzig Jahre später. Kurz vorher gab es noch keine Audio-Tapes, kurze Zeit später waren die Kassettenrekorder schon zu groß, teuer und mächtig, als dass sie dazu eingeladen hätten, irgendwelchen Unfug damit anzustellen. Heute hat man einen kleinen Computer.

Die Gruppe der Musikproduzenten, die mit manipulierten Tapes ihre kreative Tätigkeit begannen, ist groß, und Uwe Zahn ist einer von ihnen. Wer es nicht weiß, hört es allerdings nicht, denn mittlerweile benutzt er einen Computer zum Musikmachen. Was man allerdings auch nicht hört, wenn man es nicht weiß – denn wäre dies nicht alles digital und würde in Form von kleinen An-Aus-Impulsen auf irgendwelchen Festplatten lagern, man wäre versucht zu glauben, hier hätten sich extrem abgehangene Musiker zusammengefunden, um mit Cembalo, Bass und Schlagzeug eine Art Switched-on-Bach für das 21. Jahrhundert zu spielen. Hiphop-Barock-Crossover. Man könnte sich ein solches Konzert ganz gut im Musikinstrumente-Museum vorstellen, wenn man noch ein paar neuere Geräte dazustellen würde – die Wärter hätten wahrscheinlich nicht einmal Einwände, sie würden in diese schönen, beruhigenden Klangwelten hineingestellt und wären genauso Ausstellungsstücke.

So ist es aber nicht, die Musik ist komplett digital. Und wer nicht nur hören will, sondern auch sehen, der kann das tun. Nun ist es erfahrungsgemäß immer recht langweilig, Jungs dabei zuzusehen, wie sie in ihren Festplatten wühlen. Deswegen findet der Auftritt auch nicht im Musikinstrumente-Museum statt, sondern im WMF. Wer sich vor den Bass-Gewittern des Drum'n'Bass-Floors in die Lounge flüchtet, kann sich so vom Sofa zur Bar und zurück spülen lassen. Neben Arovane treten dort auch Herrmann & Kleine sowie Frederik Schikowski auf oder stehen an den Plattenspielern. TOBIAS RAPP

Ab 23 Uhr, WMF, Ziegelstraße 5, Mitte