Schiebereien unter Spaniens Sonne

Medienkapitän Silvio Berlusconi soll widerrechtlich über den TV-Kanal Tele 5 herrschen. Und Leo Kirch sitzt mit im Boot

MADRID taz ■ Der spanische Ermittlungsrichter Baltazar Garzón ist Silvio Berlusconi hart auf den Fersen. Unter dem Vorwurf der Steuerhinterziehung und dem Verstoß gegen das spanische Gesetz für Privatfernsehen beantragte der durch den Fall Pinochet zu internationalem Ansehen gelangte Kadi beim Europaparlament die Aufhebung der Immunität des italienischen Medienzaren und Euro-Parlamentariers für Forza Italia.

Die Ermittlungen laufen seit 1997: Bei der Beteiligung des Berlusconi-Senders Tele 5 beim iberischen Namensvetter sollen spanische Politiker bestochen und Dokumente gefälscht worden sein, dazu geht es um angeblich zwei Milliarden Peseten (rund 24 Millionen Mark) hinterzogene Steuern.

Die Vergehen fallen in die Zeit von 1990 bis 1993. Damals fädelte Berlusconi, so das Ergebnis der Ermittlungen, über Strohmänner und befreundete Unternehmer wie den deutschen Filmhändler Leo Kirch die Übernahme von heute insgesamt 84 Prozent der Anteile am drittgrößten spanischen Sender ein – obwohl gesetzlich nur 25 Prozent zugelassen sind. Als 1989 die Lizenz für Tele 5 vergeben wurde, waren außerdem von einem Schweizer Konto des Berlusconi-Unternehmens Fininvest insgesamt 5,9 Millionen Mark auf andere eidgenössische Konten geflossen. Wem die gehörten, ist bisher noch nicht bekannt. Ermittlungsrichter Garzón geht davon aus, dass sich der italienische Pressemagnat mittels dieser Schmiergeldzahlungen das Wohlverhalten der Finanzbehörden wie der Fernsehaufsicht erkaufte und sich die Kontrolle über den Sender sicherte.

Vor allem zwei Aktienpakete hat Garzón dabei im Auge: Zum einen sollen die 13 Prozent, die die Bank von Luxemburg hält, eigentlich Berlusconi gehören. Und dann sind da noch die 25 Prozent von Leo Kirch, der bei Auslandsgeschäften häufig mit Berlusconi kooperiert. Dies würde auch erklären, warum Kirch, obwohl er offiziell Miteigner von Tele 5 ist, seine Filme an den Konkurrenz-Kanal Antena 3 verkauft. Tele 5 hingegen muss sich bei Berlusconi eindecken. Und zwar reichlich: Nach Presseberichten hat Berlusconi Tele 5 mehr Filme aufgezwungen, als der Sender überhaupt ausstrahlen kann. REINER WANDLER