Verkehrshaushalt auf falscher Schiene

1,3 Milliarden Mark mehr für Straßen als für Bahn geplant. Die DB will sich stärker an Konkurrenten orientieren

BERLIN taz ■ Die Bundesregierung will weiterhin deutlich mehr Geld für Straßen als für Schienen ausgeben. 8,2 Milliarden Mark sind im Haushaltsentwurf 2001 für Investitionen in Asphaltpisten vorgesehen. Für Bahntrassen sollen dagegen nur 6,9 Milliarden Mark einbestellt werden. Zwar bedeutet das eine leichte Angleichung der beiden Posten im Vergleich zum Vorjahr. Der Sprecher der bündnisgrünen Bundestagsfraktion Rezzo Schlauch kündigte aber gestern harte Verhandlungen mit Finanzminister Eichel an. Die im Koalitionsvertrag vereinbarte Finanzaufteilung von 50 zu 50 müsse in größeren Schritten angestrebt werden, sagte er auf einer von seiner Fraktion organisierten Expertenanhörung zur Zukunft der Bahn in Berlin.

Die Bahn ist inzwischen nur noch ein Nischenprodukt auf dem Verkehrsmarkt. Im Güterbereich sank ihr Anteil auf 16 Prozent, im Personenfernverkehr auf 7 Prozent.

DB-Marketingleiter Alexander Hedderich bestritt auf der Anhörung, dass ein Teil des Problems auch im Fastmonopol seines Unternehmens liegt, das die DB durch ihr Trassenpreissystem absichert. Im Jahr 2001 würden immerhin 7 Prozent des Verkehrs von Nicht-DB-Bahnen abgewickelt, so Hedderich.

Die Konkurrenten sind allerdings fast ausschließlich auf Nebenstrecken aktiv, die zum Teil von der DB aufgegeben wurden. Dass sich dort schwarze Zahlen erwirtschaften lassen, beweist die zum französischen Vivendi-Konzern gehörende Württembergische Eisenbahn (WEG), die mehrere Strecken reaktiviert hat. Auf der 17,2 Kilometer langen Trasse der Schönbuchbahn, die mit neuer Technik ausgestattet wurde, fallen nur Kosten von 3,50 Mark pro gefahrenen Kilometer an. Müssten die Betreiber die Trasse von der DB mieten, wären 7,70 Mark fällig.

Ein Großteil des Erfolgs ist auf die Errichtung neuer Haltepunkte und den attraktiven Taktverkehr mit Busanschluss bis tief in die Nacht zurückzuführen, berichtete WEG-Chef Manfred Aschpalt. Aber auch die im Vergleich zur DB wesentlich geringeren Investitionskosten machen sich positiv bemerkbar. So belastet jeder Bahnübergang die Bilanz nur mit 372.000 Mark. „Bei uns wird das Eisenbahnbundesamt misstraurisch, wenn für einen Übergang weniger als 650.000 Mark veranschlagen“, berichtet DB-Mann Hedderich.

Zwar deklariert die DB 9.000 Kilometer Nebenstrecken als unwirtschaftlich. Doch zugleich will sie jetzt offenbar auch von den kleinen Konkurrenten lernen. Unter dem Stichwort „Mittelstandsoffensive“ ist die Gründung von einigen dutzend Regionalgesellschaften geplant, die ihr Personal genau wie die Privatbahnen multifunktional einsetzen können. Auch Ortskenntnisse sollen zu Einsparungen führen. Im Herbst will die DB ihre Offensive konkretisieren.

ANNETTE JENSEN