Schützenhilfefür Grüne

Auch der Vorsitzende des Bundeswehrverbandes hält Scharpings Reform für nicht bezahlbar

von PATRIK SCHWARZ

Die Grünen haben von unerwarteter Seite Schützenhilfe in ihrem Kampf gegen die Bundeswehrreform von Verteidigungsminister Rudolf Scharping erhalten. Ausgerechnet ein ebenso treuer wie einflussreicher Vasall ging dem Minister jetzt von der Fahne. Oberst Bernhard Gertz, als Vorsitzender des Bundeswehrverbandes oberster Interessenvertreter der 340.000 deutschen Soldaten, erklärte gestern, für Scharpings Reform „fehlt die seriöse Finanzierung“.

Die Grünen vertreten seit langem die Position, dass Scharpings Pläne nicht finanzierbar sind, weil seine Wunscharmee mit 280.000 Soldaten immer noch zu groß sei. Nur aus Gründen der Koalitionsräson hatten sie dem Konzept vorige Woche im Kabinett zugestimmt – und hoffen weiterhin, dass Scharping das Geld ausgeht.

Gertz dagegen hatte sich bisher vehement für Scharpings Modell einer nur leicht verschlankten Bundeswehr eingesetzt und die deutlich radikaleren Einschnitte der Weizsäcker-Kommission abgelehnt, die dem Verteidigungsminister nur noch 240.000 Soldaten belassen wollte. Gestern nun legte der Soldatenlobbyist Gertz eine Kehrtwende hin. Die Zahlen für den Bundeswehretat 2001, die das Kabinett am Vortag feierlich verabschiedet hatte, halte er „für eine ziemlich große Luftnummer“. Der Bundeswehrverband zweifelt den Grundpfeiler von Scharpings Reform an: dass der Umbau der Armee ohne zusätzliche Kosten zu machen ist. Der Minister hofft, dass sich die Zusatzkosten für die Umstrukturierung der Armee hereinholen lassen durch ein Bündel aus Rationalisierung, Outsorcing an die Wirtschaft und den Verkauf von überflüssigen Waffen und Grundstücken. „Die Erlöse aus der Rationalisierung muss er erst einmal erwirtschaften“, sagte Gertz in Berlin, „das wird nicht im Haushaltsjahr 2001 zu leisten sein, sondern höchstwahrscheinlich erst sehr viel später.“ Dasselbe gelte für die geplanten Verkaufsaktionen. Mit ihrer Kritik an Scharpings Finanzkonzept verfolgen die Grünen und der Bundeswehrverband entgegengesetzte Ziele. Oberst Gertz fordert mehr Geld, die Grünen weniger Soldaten. Auf Intervention der Grünen sei im Kabinett ausdrücklich festgelegt worden, dass auch Scharping sich an die Sparbeschlüsse von Minister Eichel halten müsse, sagte die verteidigungspolitische Fraktionssprecherin der Bündnisgrünen, Angelika Beer, gegenüber der taz.