Leistungsschau des Labels

Der heutige „Ladomat 2000“-Abend auf der MS Stubnitz verspricht skurrile Stilmischung zwischen Disco, House, Soul und Pop  ■ Von René Martens

Die House-Freunde Katalaniens haben denen in Hamburg etwas voraus: Am vergangenen Freitag erlebten sie, im Rahmen einer Messe für „Advanced Electronic Music“ im Nizza-Club in Barcelona die erste große Party die das hiesige Label Ladomat 2000 in diesem Jahr auf die Beine stellte. Heute abend wird nun auch das Heimspiel-Publikum bedient: Im Laderaum 4 der MS Stubnitz präsentiert die mittelständische Popfirma aus Altona eine ähnliche Leistungsschau wie in Spanien.

Auch im Jahr 2000 veröffentlicht das Unternehmen, das diese Jahreszahl im Namen führt, unterschiedliche Pop-Ansätze mit Club-Bezug. Allerdings arbeitet man in der Blücherstraße daran, den Stil des Labels behutsam auszudifferenzieren. So entstanden in den letzten Wochen neue Wortschöpfungen wie „Techno-Polka“ oder „Deep House Rock“. Für Ersteres steht der Japaner Suguru Kusumi, der andererseits auch ein „außerirdischer Rocko Schamoni“ sein soll, obwohl er doch erst sechzehn Jahre alt ist und auf Promofotos mit seiner Mutter posiert. Letzteres ist im Laufe des Herbstes noch von der Hamburger Band Jan Gazara zu erwarten. Auf die interessanteste Weise erweitert derzeit Turner das Spektrum von Ladomat 2000. Sein Name steht, wie das gerade erschienene zweite Album Disappearing Brother zeigt, für kuschelig-melancholischen Dancepop.

Zu einer ordentlichen Pop-Strategie gehört auch ein bisschen Geheimniskrämerei. So verkündet das Label derzeit frohgemut, die nächste Maxi von Ego Express – die heute abend das Schiff rocken wollen – enthalte einen „Punkrock-Remix“, wehrt aber Fragen nach dem Produzenten in verschwörerischem Ton ab. Also kann es keiner der üblichen Verdächtigen sein. Aber wer dann: John Lydon? Oder, falls er noch lebt, Tommi Stumpf?

Der vielversprechendste Act, den Ladomat in diesem Jahr herausgebracht hat, ist das Duo Commercial Breakup, hervorgegangen aus dem legendären Anti-neue-Mitte-Hangout galerie berlintokyo. Mal spielen die Musiker Vredeber und Elke rumpelnden Bubblegum-Pop, wie auf ihrem Frühstückshit „All I love is green“, mal rühren sie zu Tränen, wie in dem Stück „Walking back home“. „Die sind auf einem guten Weg, etwas Eigenständiges zwischen frankophilem und deutschem Pop zu entwickeln. Gerade in Frankreich, wo man auf klassische Mann-Frau-Duos steht, müssten sie sehr gut ankommen. Zumal Elke eine wahre funky Diva ist“ sagt Absolute Beginner-Produzent Matthias Arfmann, der bei drei Stücken des bervorstehenden Debütalbums Regie geführt hat. Commercial Breakup treten, wie in Barcelona, auf der Stubnitz mit Schlagzeuger und DJ auf.

Für die meiste Bewegung auf dem Schiff dürften Hans Nies-wandt und Tobias Thomas sorgen, zwei der führenden DJs der Republik. Die beiden Kölner – ersterer war früher Redakteur bei der Spex, letzterer ist es jetzt – sind sehr open minded und schweifen von House respektive Techno aus gerne mal in andere Richtungen ab. Nieswandt ist bei Ladomat als Solo-Künstler unter Vertrag. Die Platte seiner Gruppe Whirlpool Productions erscheint bei der WEA; Thomas ist als Mitglied von Forever Sweet Teil der Familie. Das Kompakt-Label, das im Frühjahr seine Mic-CD Für Dich veröffentlicht hat, bezeichnet ihn treffend als „DJ und Denker“. Erstaunlich eigentlich, dass es bis heute dauerte, bis endlich jemand auf diese launige Formulierung gekommen ist. Aber wahrscheinlich dachte man lange, Denker könnten keine Party rulen. Tobias Thomas wird im Hafen das Gegenteil beweisen.

heute, 22 Uhr, MS Stubnitz, Überseebrücke