Die andere Schanze

■ Beim Straßenfest der Roten Flora geht es mehr um Politik und weniger um Kommerz

Heute findet rund um die Rote Flora auf dem Schulterblatt ein Straßenfest statt. Dem aktuellen Anlass – der Abwehr der Kampagnen gegen die Rote Flora – entspricht der Charakter des Festes. Im Unterschied zur autonomen Variante des Alstervergnügens, die in den letzten Jahren rund um die Rote Flora stattfand und vor allem aus Ess-Ständen, Getränkeverkauf, viel Trödel und Konsum bestand, soll es diesmal eine stärkere Beteiligung von im Stadtteil aktiven Gruppen geben.

Anders als im letzten Jahr, wo das Fest zu scheitern drohte, weil sich kaum genug Leute für ein Festkomitee fanden, beteiligen sich jetzt mehr AktivistInnen aus dem Schanzenviertel: „Wir verstehen das einerseits als Reaktion auf die jüngste Medienkampagne, die gegen dieses Projekt betrieben wurde. Andrerseits soll auch das Fest selbst wieder einen politischen Charakter erhalten, um nicht selbst zum Bestandteil der schönen heilen Welt eines Stadtteils zu werden, der an den Interessen eines ,kaufkräftigen' Publikums orientiert ist. Wir verstehen die Rote Flora als ein Symbol dafür, dass politische Kultur und Praxis auch jenseits direkter staatlicher Zugriffsmöglichkeiten stattfinden kann und muss.“ So heißt es in einem Text des Vorbereitungsplenums.

Im November 1999 feierte die Rote Flora ihr zehnjähriges Jubiläum als selbstverwaltetes, besetztes Zentrum. Bis jetzt haben die UnterstützerInnen es geschafft, die Rote Flora sowohl gegen fürsorgliche Umarmungsstrategien als auch gegen Versuche der Kriminalisierung als eigenständiges Zentrum zu erhalten.

In der Nacht zum 1. Mai meinten nun ein paar Leute, nach einer Re-claim-the-Streets-Party in der Innenstadt, ihre Mai-Barrikaden direkt vor der Roten Flora bauen zu müssen und sie dort auch „halten“ zu können.

Springerpresse und CDU ließen sich diese Gelegenheit für eine Kampagne gegen die Rote Flora nicht entgehen. NPD und „freie Kameradschaften“ hängten sich dran. Die Nationalen Nachrichten der NPD widmeten eine ganze Ausgabe dem „Schandfleck von Hamburg“. Sie entdeckten neben dem Transparent „Stört die öffentliche Ordnung, wo ihr sie trefft“ ihr verhasstes Symbol: „Das Terror-Transparent hängt direkt neben dem roten Stern, Kennzeichen der verbotenen KPD.“

In der Tat steht der schönste rote Stern in Hamburg weithin sichtbar auf dem Balkon der Roten Flora. Dass das auch so bleibt, kann heute gefeiert werden. Das Straßenfest beginnt um 12 Uhr mittags und geht bis 23 Uhr. Neben Aktionen und Infoständen gibt es Livemusik von Gruppen und einigen Sound-systems sowie ein Kinderprogramm. Den unvermeidlichen Flohmarkt wird es auch geben, aber Stände von kommerziellen Anbietern sind nicht erwünscht. Gaston Kirsche