„Die Gefahr, mit leeren Händen dazustehen“

■ GAL-Kritik am grünen Atomkonsens. Radcke will nicht in Hamburger Politik zurück

Wir können auch anders – mit dieser Position konnte sich Hamburgs Umweltsenator Alexander Porschke auf dem grünen Parteitag in Münster am Wochenende nicht durchsetzen. Sein Alternativantrag zum Atomkonsens hatte gegen den Antrag des Bundesvorstands, der mit Zweidrittelmehrheit angenommen wurde, keine Chance.

Porschke hatte gefordert, dem Atomkonsens nur zuzustimmen, wenn noch in dieser Legislaturperiode AKWs stillgelegt werden. Anderenfalls solle man „gemeinsam mit der SPD auf den Dissensweg zurückkommen“. UnterzeichnerInnen des Antrags waren unter anderem GAL-Fraktionsvorsitzende Antje Möller, Landesvorstandssprecherin Kordula Leites und die Bundestagsabgeordneten Claudia Roth und Hans-Christian Ströbele.

Aber „der Mehrheit der Delegierten“, erklärt sich Porschke das deutliche Votum in Münster, „war die Gefahr zu groß, diese Ausstiegsoption zu verlieren“. Porschke hingegen sieht auch mit diesem Konsens „die reale Gefahr, mit leeren Händen dazustehen“. Allerdings könne man, wenn der Konsens beschlossen ist, den HEW besser klarmachen, „dass sie ein Eigeninteresse an der Abschaltung alter und kleiner AKWs haben“.

Antje Möller sieht die Hamburger Position durch den Beschluss „nicht unbedingt gestärkt“. Bis 2003, sagt der Koalitionsvertrag, soll an der Elbe ein AKW abgeschaltet werden. „Die Chance ist gering“, räumt Möller ein, „aber wir müssen den Arbeitsauftrag annehmen.“ Mit den HEW müssten nun Gespräche aufgenommen werden.

Um in Hamburg den nötigen Druck aufzubauen, setzt Porschke auch auf die Anti-AKW-Bewegung, „von der die Grünen nach wie vor ein Bestandteil sind“. Er warnte vor einer „Ausgrenzung“ der Partei, „denn die Grünen bringen ja auch viele Leute mit“. Allerdings werde er sich nicht an Aktionen gegen neue dezentrale Zwischenlager an den AKWs beteiligen: „Die gehören zu einem sinnvollen Ausstiegskonzept ohne Plutoniumwirtschaft und ohne Castortransporte.“

Porschkes schleswig-holsteinischer Kollege Klaus Müller (auch grün) begrüßte den Münsteraner Beschluss. Bis zur Abschaltung müsse in den AKWs nun auf „größtmögliche Sicherheit geachtet werden“. GAL-Landesvorstandssprecher Peter Schaar nannte das Votum ein „tolles Ergebnis“.

Eine Hamburger grüne Konsensgegnerin hatte mit der Abstimmung ihr persönliches Schicksal verknüpft: Bundesvorstandssprecherin Antje Radcke zog am Sonnabend wie angekündigt ihre Kandidatur zurück. Sie will nun in der Programmkommission „die Zeit nutzen, um mal nachzudenken: Was ist los mit den Grünen?“ Eine Rückkehr in die Hamburger Politik kann sich Radcke derzeit nicht vorstellen – „aber ich will wieder häufiger in meinem Kreisverband Hamburg-Nord sein“. Eine Alternative zur grünen Partei gebe es für sie derzeit nicht. Heike Dierbach