Sollbruchstelle Nationalpark

■ Um die Novellierung des Nationalparkgesetzes zum Niedersächsischen Wattenmeer wird erneut erbittert gefeilscht

In dieser Woche wird die niedersächsische SPD einen Änderungsvorschlag zum erst ein Jahr alten Nationalparkgesetz für das niedersächsische Wattenmeer in den Landtag einbringen. Hinter den Kulissen wird darum bereits heftig gestochen, getreten und gefeilscht. Stärken wollte der niedersächsische Umweltminister Wolfgang Jüttner (SPD) mit dem Gesetz die Nationalparks Harz und Wattenmeer. Der Harz ist in trockenen Tüchern. Aber das Wattenmeer droht verschachert zu werden. „Wir verhandeln knallhart“, schnaubt der Baltrumer Bürgermeister Gerd Altheinz (SPD).

Die Novellierung des Gesetzes war notwendig geworden, weil es 1999 von der SPD durch den Landtag gepeitscht worden war. Dabei unterliefen den Behörden fachliche Fehler. Unter anderem hatten sie in der Eile falsche Karten vom zukünftigen Nationalpark ausgegeben. Die Folge: Alle Inselgemeinden drohten mit Klage und verlangen eine Veränderung der bisherigen Nationalparkzonen (Ruhezone, streng geschützt; Zwischenzone, weniger geschützt, Erholungszone, mit leichten Auflagen belegt). Trotz der jetzt anstehenden Novellierung werden die Inseln ihre Klage einreichen. „Wir wollen mit unserer Klage weiteren Verhandlungsspielraum bekommen“, meint der Gemeindedirektor Langeoogs, Frerich Göken.

Der Interessenskonflikt könnte schärfer nicht sein. Die Region ist mit mehreren Millionen Übernachtungen pro Jahr hartes Tourismusgelände. Baumöglichkeiten sind beschränkt, attraktive Flächen, wie die Strände, durch Auflagen nur eingeschränkt nutzbar. „Hier können wir den Inseln entgegenkommen“, umschreibt die Sprecherin des Umweltministeriums, Kremer-Heye, Zugeständnisse an die Inseln. Auch dem Wunsch der Inselgemeinden, die Kompetenzen der Nationalparkverwaltung in Wilhelmshaven zu beschneiden, wird entsprochen. „Es gibt Bauverordnungen, da können wir auf unser Mitspracherecht verzichten“, meint die Chefin der Nationalparkverwaltung, Irmgard Remmers.

„Der Nationalpark engt uns ein“, sagt Andreas Kaib aus der Stadtverwaltung Borkum. Wie alle anderen Inseln auch plant Borkum einen Golfplatz. Den Bau verbietet zurzeit das Nationalparkgesetz. Baltrum und Langeoog möchten ihre Flugplätze erweitern. Zurzeit dürfen sie das nicht. „Wir werden zusätzlich Klage einreichen. Wir wollen unsere ganze Insel aus dem Nationalpark raus haben“, fordert Altheinz, dessen Inselreich nicht viel größer als der Flughafen ist.

Fischer fordern uneingeschränkte Fangrechte im Wattenmeer. Wilhelm Jacobs, Sprecher der Fischer: „Wir Fischer werden keine Beschränkungen durch das Nationalparkgesetz hinnehmen.“

Die Naturschutzverbände BUND, NABU und WWF sind mit ihrer Forderung nach mehr Schutz des Wattenmeeres fast zu bemitleiden. Zumal ihnen aus den eigenen Reihen Kritik entgegenschlägt. Rainer Schopf, Inselvogt auf der Vogelinsel Memmert, und der Sprecher der regionalen Konferenz der Naturschutzverbände, Manfred Knake, werfen ihnen vor, sich nicht nachdrücklich genug für den Schutz des Wattenmeeres eingesetzt zu haben. schumi