touristenblut und pferdemist
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von RALF SOTSCHECK

Die Iren sind ein Volk von Ferkeln, das ist amtlich. Eine Untersuchung des Umweltministeriums hat ergeben, dass niemand Abfall auf den Straßen mag, aber fast alle ihn dort hinwerfen. Dublin gilt als „Hauptstadt des Drecks“, und auch auf dem Land findet man verrostete Kühlschränke in Bergseen und Schrottautos an Flussufern. Die Hälfte aller Befragten meinte, Umweltschutz ist Sache der Regierung.

Eine Nation von Heuchlern, so lautete das Fazit der Untersuchung: „Die Iren haben eine öffentliche und eine private Moral“, hieß es in dem Bericht, „Reden und Handeln sind bei ihnen grundverschiedene Dinge.“ Doch damit schlachten sie das Huhn, das goldene Eier legt, findet der Tourismusmanager Mark Mortell. Die Tourismusindustrie bringt Irland umgerechnet fünf Milliarden Mark im Jahr ein, doch immer mehr Besucher beschweren sich über die zugemüllte Insel.

Den schlimmsten Übeltätern soll jetzt das Handwerk gelegt werden. In Killarney im Südwesten soll Pferdedroschkenfahrern vorgeschrieben werden, den Gäulen Windeln anzulegen, wenn sie in die Stadt kommen. Die Droschken werden ausschließlich von Touristen benutzt, rechtfertigen sich die Kutscher. Also sind die Besucher selber schuld, dass die Tiere während der Touristensaison täglich eine halbe Tonne Mist auf Killarneys Straßen fallen lassen. Das aber sei eine unerhörte Sauerei, meinen die Lokalpolitiker. Stadtrat Michael Gleeson sagt, es haben sich im vorigen Jahr mindestens 50 Leute bei ihm beschwert. Das brachte ihn auf die Idee mit der Windelgesetzinitiative, der ersten Gesetzesänderung in diesem Bereich seit 1854. Die staatlich geprüften Vorrichtungen heißen in der Amtssprache „für Pferde geeignete sanitäre Apparate“.

Experten prophezeien, dass die Gäule böse werden und ausschlagen könnten, wenn man ihnen den peinlichen Apparat umlegt. „Ich würde lieber Pferdemist auf den Straßen sehen als Touristenblut“, sagte ein Stadtrat. Nun will man die Reaktion der Tiere auf die Windeln erst mal testen. „Wenn sich ein Pferd nach sechs Monaten nicht an die Binde gewöhnt hat, dann wird es sich nie daran gewöhnen“, glaubt ein Gaulkenner.

Über das Gesetz soll daher erst Ende des Jahres abgestimmt werden. Bis dahin dürfen die Droschkenkutscher nur noch in Ausnahmefällen in die Innenstadt. Statt dessen müssen sie die Inner Relief Road benutzen, was zwar Entlastungsstraße bedeutet, aber wegen der englischen Doppeldeutigkeit genauso gut mit Darmentleerungsstraße übersetzt werden könnte. Ein Kutscher monierte, das Gesetz sei ungerecht, da Hunde nach wie vor mit nacktem Hintern durch die Stadt laufen dürfen.

Der Mann hat Recht, aber man sollte das Gesetz keineswegs auf Pferde und Hunde beschränken. Wenn abends in den Pubs die Zapfhähne versiegt sind und die Trinker nach Hause torkeln, pinkeln nicht wenige in die Vorgärten. Wer erwischt wird, sollte dazu verurteilt werden, künftig in Kneipen nur dann bedient zu werden, wenn er nachweisen kann, dass er eine Windel trägt.