Ronald Wenke, 19:
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Ich habe meinen engsten Freunden erst mit 18 Jahren von meinem Schwulsein berichtet. Eigentlich spürte ich das schon zwei Jahre früher. Da ich jedoch auf eine deutsche Schule in Helsinki ging und die Gruppe über Jahre hinweg relativ gleich blieb, hatte ich Angst, wie die Reaktionen sein würden. Ich konnte ja nirgendwo anders hin.

Außerdem kannte ich keinen anderen Homo dort. Nicht mal im Pausentratsch gab es Mutmaßungen. Auch auf der Straße waren Lesben und Schwule nicht so offensichtlich wie hier. Da gab es kein Händchenhalten zwischen Männern.

Von einer einzigen Disko habe ich gehört, die vorwiegend von Homos besucht wird. Aber da bin ich auch eher vor der Tür hin und her gegangen und habe mir neugierig die Leute in der Schlange angeschaut. Betreten habe ich diesen Club jedoch nie. Mit wem sollte ich auch dorthin gehen?

Berlin war deshalb nach der Schule eine bewusste Wahl. Meine Homosexualität ist hier überhaupt kein Problem mehr. Ich liebe es, mit meinem Freund händchenhaltend durch die Straßen zu laufen. In Finnland wäre das anders. Die Mentalität ist dort etwas verhaltener, man spricht nicht darüber. Ein CSD wie dieser hier würde in Helsinki nie stattfinden.

Dabei ist es so schön, einfach nur auf der Straße tanzen zu können. Aber ich bin auch nicht nur wegen des Fun-Faktors hier. Gleiche Rechte gibt es für Homos leider ja immer noch nicht. Die Selbstverständlichkeit, die ein Hetero-Paar im Alltag erfährt, ist nur in Ansätzen da. Das trifft ja besonders auf die ländlichen Gegenden zu.

Deshalb ist es wichtig, dass der CSD so groß und glitzernd ist. Denn selbst wenn man sich das nur im Fernsehen anschauen kann, gibt dies jedem versteckten Homo ein schönes Gefühl: Ich bin nicht allein.