Cruyff vergeht das Granteln
Vier Tore steuert der phänomenale Patrick Kluivert zum 6:1-Sieg der Niederlande im Europameisterschafts-Viertelfinale gegen ein hilfloses Team aus Jugoslawien bei
BERLIN taz ■ Fünf Tore hatte Hollands Dennis Bergkamp vor dem gestrigen EM-Viertelfinalspiel in Rotterdam den in dieser Hinsicht bei diesem Turnier sehr einladenden Jugoslawen versprochen. „Fünf sind besser als sechs“, hatte deren Coach Vujadin Boskov lakonisch gekontert. Dennoch versuchte der 69-jährige EM-Methusalem auf dem Trainerstuhl, der Offenherzigkeit diesmal Einhalt zu gebieten. Eine dichte Abwehrformation sollte den erwarteten Ansturm der Niederländer bremsen, vorne vertrauten die Jugoslawen auf die Pässe von Regisseur Dragan Stojkovic und das Tornäschen von Savo Milosevic.
Vielleicht wäre die Rechnung sogar aufgegangen, wenn Milosevic nach einer Viertelstunde nicht den Fehler gemacht hätte, in guter Schussposition auf Mijatovic zu passen. Der wuchtete den Ball genau auf die Brust von Keeper Edwin van der Sar, ein Schreck- und Weckschuss für die Holländer, die bis dahin genauso lethargisch gespielt hatten, wie es ihnen der grantelnde Oranje-Netzer Johan Cruyff immer nachsagt.
Fortan war munteres Stürmen auf das Tor des jugoslawischen Keepers Kralj angesagt, dessen Vorderleute erkennen mussten, dass die schönsten Abwehrreihen nichts nützen, wenn man alle Zweikämpfe verliert und außerdem entsetzlich langsam ist. Bitterlich fehlten in Boskovs Defensive der gesperrte Jokanovic und der verletzte Djorovic, Patrick Kluivert nutzte den Freiraum schon vor der Pause zu zwei hinreißenden Toren.
Auf der anderen Seite kam Stojkovic gegen die bissigen Mittelfeldspieler Hollands kaum an den Ball und wandelte sich schnell zu jenem zeternden Ausbund an Unlust, das der 35-Jährige schon häufig in seiner langen Karriere abgegeben hatte. Folgerichtig wurde er nach Kluiverts 0:3 in der 51. Minute ausgewechselt, was den Stürmer des FC Barcelona nicht hinderte, schon drei Minuten später sein viertes Tor zu schießen.
Das Halbfinale am Donnerstag in Amsterdam gegen Italien war den Holländern nicht mehr zu nehmen, fehlte eigentlich nur noch die Erfüllung des Versprechens von Dennis Bergkamp. Das besorgte Marc Overmars getreulich in Minute 79 und setzte später sogar das 6:0 drauf, bevor Milosevic doch noch den Ehrentreffer erzielte. „Sechs sind besser als sieben“, dachte vermutlich Vujadin Boskov, und am Ende war selbst Johan Cruyff kurzzeitig das Granteln vergangen. MATTI
Jugoslawien: Kralj - Komljenovic, Djukic, Mihajlovic, Saveljic (54. Jovan Stankovic) - Jugovic, Govedarica, Stojkovic (52. Dejan Stankovic), Drulovic (70. Kovacevic) - Milosevic, Mijatovic veld) - Bosvelt, Stam, Frank de Boer, Numan - Overmars, Cocu, Davids, Zenden (80. Ronald de Boer) - Bergkamp, Kluivert (59. Makaay)Tore: 0:1 Kluivert (24.), 0:2 Kluivert (38.), 0:3 Kluivert (51.), 0:4 Kluivert (54.), 0:5 Overmars (78.), 0:6 Overmars (90.), 1:6 Milosevic (90.)
