Christian Ströbele über . . .

. . . den Frust, die Fehler und die Zukunft der Parteilinken

Christian Ströbele (61), Bundestagsabgeordneter, gilt als graue Eminenz der grünen Linken .

taz: Herr Ströbele, was bleibt den Linken jetzt noch? Außer Frust?

Ströbele: Natürlich ist Frust da. Die Entscheidungen zum Atomausstieg und zur Bundeswehr wollten wir anders. Im Bundesvorstand sind nun alle, bis auf Renate Künast, von den Realos eingenordet. Unsere Kandidatinnen sind durchgefallen. Aber wir sind auch selbst schuld, weil wir für die Männerplätze nicht rechtzeitig Kandidaten präsentiert haben.

Will niemand mehr auf dem linken Ticket antreten?

Das ist es nicht. Ironischerweise ist uns die Trennung von Amt und Mandat, für die wir uns ja vehement eingesetzt haben, zum Verhängnis geworden. Die KandidatInnen, die in Frage kamen, hatten schon ein Mandat.

Immer mehr scheinen zu glauben, dass man auf die Linke verzichten kann.

Das wäre grundfalsch. Ein Drittel bis 40 Prozent haben in Münster unsere Positionen unterstützt. Die Grünen werden nur dann wieder stärker, wenn sie sich im linken Spektrum profilieren und wieder Stimmen gewinnen – schon deshalb, weil die Neue Mitte überfüllt ist. Wir müssen auch versuchen, das Drittel der WählerInnen und Parteiaktiven, das uns wegen des Kosovokrieges verlassen hat, zurückzugewinnen.

Wie wollen Sie das machen?

Wir müssen klarmachen, dass Kampfeinsätze wie im Bombenkrieg gegen Serbien von uns nie wieder mitgetragen werden. Bei den Verhandlungen zum Atomausstieg müssen wir Druck aufbauen, dass in dieser Legislaturperiode noch AKW vom Netz gehen. Interview: tst