Kampfhunde töten Kind

Sechsjähriger Junge in Wilhelmsburg totgebissen. Bürger fordern Verbot, Senat kündigt Erlaubnispflicht für Kampfhunde an  ■ Von Elke Spanner

Alle sprechen von einem „Unglück“. Andererseits sagt Bürgermeister Ortwin Runde (SPD), dass Pitbull-Terrier „gefährliche Waffen sind“, die „aus dem Verkehr gezogen gehören“. Schnell soll es damit in Hamburg nun gehen. Noch vor der Sommerpause will der Senat eine Erlaubnispflicht für Hundehalter einführen, die sich einen Kampfhund zulegen wollen. Denn in Wilhelmsburg haben ein Pittbull- und ein Staffordshire-Terrier gestern ein sechsjähriges Kind totgebissen.

Der Junge spielte zusammen mit anderen Kindern auf einem Schulhof Ball. Als die beiden Kampfhunde, die ihr Besitzer über den Hof spazieren führte, auf die Gruppe zuliefen, rannte der Junge aus Angst fort. Die Hunde jagten ihm nach und töteten ihn. „Das Weglaufen löste eine Angriffsreaktion aus“, so der Leiter des zuständigen Polizeireviers, Bodo Franz. Die Hunde wurden von Polizisten erschossen, der Halter vorläufig festgenommen. Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen ihn wegen fahrlässiger Tötung.

Drei Mal schon hatte der Pitbull Tiere angegriffen. Das Ordnungsamt hatte dem Besitzer im Mai deshalb auferlegt, seine Hunde nur mit Leine und Maulkorb auszuführen. Daran hat er sich nicht gehalten, einen Maulkörbe jedenfalls hatten die Hunde nicht. Da der Mann als unzuverlässig bekannt war, lief gegen ihn bereits ein Untersagungsverfahren. An dessen Ende hätte stehen können, dass ihm die Hunde weggenommen würden. Innensenator Hartmuth Wrocklage (SPD) sagte, Polizei und Ordnungsamt hätten sachgerecht gehandelt, indem sie den Leinen- und Maulkorbzwang angeordnet hätten. Niemand kontrollierte jedoch, ob der Besitzer sich daran auch hält. Jus-tizsenatorin Lore Maria Peschel-Gutzeit (SPD) räumte ein, dass umfassende Kontrollen nicht durchgeführt werden könnten: „Wir haben tausende Hunde in Hamburg.“

Im März hatte der Senat die Hundeverordnung novelliert. Seither gibt es den Leinen- und Maulkorbzwang für Hunde, die aufgrund ihrer Aufzucht als „aggressiv“ gelten. Die Konferenz der Innenminis-ter von Bund und Ländern (IMK) hatte im Mai den Ländern empfohlen, Zucht und Handel von gefährlichen Hunden zu verbieten. Jetzt will der Senat nachbessern, aggressive Hunderassen benennen und das Halten dieser Tiere von einer Erlaubnis abhängig machen. „Jetzt darf es kein Gejammer mehr geben, wenn gefährliche Hunde eingeschläfert werden sollen“, warnte Runde gestern in Anspielung auf Tierschützer, die gegen die Tötung von zwei Pittbulls im Tierheim Süderstraße protestiert hatten.

Sozialsenatorin Karin Roth (SPD) nannte gestern als Ziel, dass Kampfhunde „mittelfristig aussterben müssen“. Bayern hat schon vor acht Jahren entsprechende Maßnahmen getroffen. Dort sind Haltung und auch Züchtung von Pittbulls, Bandogs, American Stafford Terrier, Staffordshire Bullterrrier und Tosa-Inus untersagt. Das forderten auch mehrere hundert BewohnerInnen von Wilhelmsburg gestern abend auf einem Trauermarsch für den getöteten Jungen.