Ein großer Tag für die Patentanwälte der ganzen Welt

Noch sind sich die USA und die Europäische Union nicht einig, wie sie es halten wollen mit dem Patent auf Leben: Auch die EU-Richtlinie ist in Deutschland in der Kritik

BERLIN taz ■ „Ein großer Tag für die Forschung“, sagte Ministerin Edelgard Bulmahn gestern zu Recht. Aber er wirft unangenehme Fragen auf. Werden Firmen Patente auf unsere Gene anmelden können? Und mit welchen Konsequenzen? In Europa ist klar, dass niemand ein Patent auf die Rohdaten des menschlichen Genoms bekommen darf. Allerdings: Sobald jemand grob hinter die Funktion eines Gens kommt, kann er ein Patent erlangen, das so weit gefasst werden kann, dass er praktisch allein den Zugriff auf das Gen besitzt.

Zwar wird der Mensch in der Patent-Richtlinie der EU grundsätzlich als nicht patentierbar angesehen. Ein Passus, auf denen sich Politiker gerne berufen.

Aber: „Ein isolierter Bestandteil des menschlichen Körpers . . . einschließlich einer Sequenz oder Teilsequenz eines Gens, kann eine patentierbare Erfindung sein“, sagt die Richtlinie, „selbst wenn der Aufbau dieses Bestandteils mit dem Aufbau eines natürlichen Bestandteils identisch ist.“ Voraussetzung ist nur, dass der Bestandteil per „technischem Verfahren“ gewonnen wurde.

Das Justizministerium hat den Entwurf eines Patentgesetzes vorgelegt, der die Richtlinie eins zu eins übernehmen will – und stieß prompt auf harsche Kritik. Nicht nur Greenpeace, auch Bundestagsabgeordneten wie dem Sozialdemokraten Wolfgang Wodarg ist bei einem Patent auf Leben nicht ganz wohl. Greenpeace spricht von einem „Ausverkauf an die Genkonzerne“, Wodarg klagt, der Mensch werde zum „biologischen Material“ degradiert.

Juristen nennen das ein „Stoffpatent“. Dies hat sogar aus wirtschaftlicher Sicht Nachteile. Wenn eine Firma bloß mit einer Anwendung eines Gens die Nutzung desselben für alle anderen möglichen Anwendungen völlig blockieren kann, hemmt das auch die medizinische Forschung. Die Alternative wäre es, ein Patent nur auf die Anwendung selbst, nicht aber zusammen mit dem Gen zu erteilen – ein so genanntes „Verfahrens-Patent“. Einen vergleichbaren Gegensatz gab es schon einmal in den Anfängen der chemischen Industrie, als in Deutschland eine Verfahrenspatentierung üblich war, in den USA ein Stoffpatent – was die Forschung in Übersee hinter die hiesige zurückwarf.

Heute geht das Recht in den USA sogar noch weiter, dort nimmt das Patentamt sogar Patente auf die Rohdaten an. US-Präsident Bill Clinton will das unterbinden, hat sich aber noch nicht durchgesetzt. Konflikte zwischen den Nationen sind also programmiert. Nur eines ist schon klar: Gestern war ein großer Tag für die Patentanwälte. URB