Datenautobahn im Siel

■ Die Hamburger Stadtentwässerung erschließt sich neue Geschäftsfelder und fährt ziemlich gut damit

Die Datenautobahn führt durch die Kanalisation. Bits und Bytes rauschen in stahlummantelten Glasfaserkabeln durch eine agressive Brühe aus Fäkalien und Waschwasser und sollen der Hamburger Stadtentwässerung (HSE) im nächsten Jahr sechs Millionen Mark zusätzlicher Einnahmen bescheren. Auf diese Summe beläuft sich der Auftrag der amerikanischen Netzfirma „Completel“, wie die HSE bei der gestrigen Präsentation ihrer jüngsten Jahresbilanz mitteilte.

Seit fünf Jahren muss die nach wie vor städtische HSE wie ein Unternehmen arbeiten. Seither ist der Gebührenanstieg stetig zurückgefahren worden. In diesem, wie schon im vergangenen Jahr, blieben die Abwassergebühren konstant. Die HSE heftet sich das als großen Erfolg an ihre Fahnen, weil gleichzeitig ihre Einnahmen um fünf Millionen Mark zurückgingen, da die HamburgerInnen eifrig Wasser sparten.

Möglich wurde das unter anderem deshalb, weil die HSE anfing, mit ihren Pfunden zu wuchern: Von den MitarbeiterInnen erarbeitetes know how wird verkauft; die Firma bietet ihre Dienste bei der Abwasserbeseitigung anderen Kommunen und großen Firmen an, und in Zukunft werden die Siele als stabile Kabelkanäle zweitgenutzt.

HSE-Fachleute haben zusammen mit einer Schweizer Firma das Verfahren ausgetüftelt, mit dem ein Roboter die Glasfaserkabel in den Sielen verlegt, ohne deren Wände zu beschädigen. Andere entwickelten eine Methode zur Computer-Simulation von Kläranlagen, mit dem sie die Baukosten für die Erneuerung des Nordteils der Kläranlage Köhlbrandhöft von 200 auf 80 Millionen Mark drücken können. „Es ist uns gelungen, Beton durch Intelligenz zu ersetzen“, freute sich der technische HSE-Geschäftsführer Rainer Funke.

Die höhere Effizienz der Ar-beitsabläufe bei der Stadtentwässerung hat allerdings auch dazu geführt, dass Arbeitsplätze abgebaut wurden. Nach Angaben des kaufmännischen Geschäftsführers Wolfgang Werner ist zum Beispiel das Sielnetz mit 25 Prozent weniger Arbeitsaufwand betrieben worden. Die unterbeschäftigten MitarbeiterInnen wurden in den Vorruhestand geschickt oder mit neu geschaffenen Aufgaben betraut.

Die Bilanzsumme des rund 1300 MitarbeiterInnen starken Unternehmens stieg von 4,8 Milliarden Mark 1998 auf fünf Milliarden. Der Jahresüberschuss sank von 76 auf 72 Millionen Mark. Das laufende Geschäftsjahr stimmt die Geschäftsführer so optimistisch, dass sie glauben, auch im Jahr 2001 auf eine Gebührenanhebung verzichten zu können. Gernot Knödler