Wichtige Infoquelle: Arabella Kiesbauer

Hamburger Mediendebatte: Jugendliche sind gar nicht politikfeindlich  ■ Von Peter Ahrens

Justus Leonhardt und Katharina Peters sind die Ausnahmen. Sie sind an Parteipolitik interessiert, sie schreiben an ihrer Schule in Bergedorf bei der Schülerzeitung mit – Vorzeige-Jugendliche. Die Mehrheit der anderen in ihrem Alter guckt lieber „Explosiv“ als die Tagesschau und findet das ARD-Nachrichtenflaggschiff „voll alt“. Die Studie zum Konsum politischer Fernsehinformation von Jugendlichen, die die Münchener MedienforscherInnen Bernd Schorb und Helga Theunert gestern nachmittag bei der Hamburger Mediendebatte vorstellten, sagt: Jugendliche sind nicht politikabstinent. Nur die alten Kanäle von Politik zur Jugend und zurück funktionieren nicht mehr.

Dorothee Stapelfeldt, die Präsidentin der Hamburger Bürgerschaft, war angesichts eines solchen Ergebnisses erst einmal froh, „dass die landläufige Meinung, junge Leute hätten überhaupt kein Interesse an Politik, nicht stimmt“. Als Teilnehmerin auf dem Podium, das die Studie diskutierte, musste sie aber einräumen, dass die Politik ein hohes Maß an Mitverantwortung trägt, wenn Jugendliche mit dem althergebrachten Politikbild nur wenig anfangen können: „Die Hälfte von dem, was von Politikern in Tagesschau und Tagesthemen gesprochen wird, versteht man gar nicht.“ Ihre Folgerung: „Wir müssen kürzer und klarer werden.“ Allerdings gebe es in den Medien heute kaum noch Möglichkeit, komplizierte Themen entsprechend darzustellen: „Den Raum für Politik gibt es nur noch im Print, nicht mehr im Radio und Fernsehen.“

Dort haben inzwischen andere Themen die Herrschaft übernommen. Sie heißen nicht Länderfinanzausgleich, sondern „Hilfe, meine Freundin hat Zellulitis“. Für immerhin 18 Prozent der 12-17-Jährigen sind die Daily Talks ein Forum, aus dem sie nach ihrer Ansicht „wichtige Informationen erfahren“, wie die Schorb-Theunert-Studie herausgefunden hat.

Für Justus Leonhardt und Katharina Peters ist das keine Überraschung. Denn politisches Denken finde in der Schule viel zu wenig Platz. „Wenn im zehnten Jahrgang zum ersten Mal in Sozialkunde politisches Grundwissen vermittelt wird, ist das viel zu spät“, sagt der 19-jährige Leonhardt, der am Bergedorfer Hansa-Gymnasium Schulsprecher ist. Die Schülervertretungen würden Jahr für Jahr mit Ach und Krach personell besetzt.

Genau da setzt Schorb an. Jugendliche müssten Politik üben, in dem sie dort mitentscheiden, wo sie Kompetenz haben: In der Schule. Was bisher an politischer Mitbestimmung an Schulen laufe, sei nichts anderes als Spielwiese. Schorb sagt: „SchülerInnen werden so lange beteiligt, wie es nach der Pfeife des Schuldirektors läuft.“

Da ist auch der Hinweis Stapelfeldts nur begrenzt hilfreich, es gebe doch „Jugend debattiert“ als Angebot der Bürgerschaft. Leonhardt hat nämlich festgestellt, dass „die Lehrer dafür nur die Schüler rekrutieren, die sich ohnehin schon engagieren“. Die, die Explosiv und Arabella schauen – an denen läuft das vorbei.