Jäger und Angler an der Ostsee

■ Unter Wasser nach dem ersten Schleswig-Holsteiner buddeln

Die Menschen, die vor etwa 5500 Jahren im Raum Neustadt in Holstein lebten, waren Jäger und Angler. Darauf deuten zumindest die Reste ihrer Siedlung hin, die Taucher zur Zeit vom Grund des Neustädter Hafens ans Tageslicht holen. „Dies ist der erste Fund, der beweist, dass sich die Menschen im Übergang vom Jäger und Sammler zum Bauern auch bei uns als Fischer niederließen“, sagt Sönke Hartz, Leiter der ersten Unterwassergrabung Schleswig-Holsteins.

Drei Wochen lang erkunden 14 Taucher von ihrer Basis in der Technischen Marineschule Neustadt aus das etwa 50 Quadratmeter große Areal im Marinehafen. Von jedem ihrer Tauchgänge bringen sie reiche Beute mit: Steinwerkzeuge, Keramikscherben, Haselnussschalen, Knochen, Gräten und andere Nahrungsabfälle. Was die Menschen damals wegwarfen, gibt den Archäologen heute interessante Hinweise auf ihre Lebensweise. „Wir haben jede Menge Gräten von Plattfischen, Aalen und Dorschen und auch jede Menge Tierknochen gefunden“, berichtet Hartz. Die Knochen stammten ausschließlich von Wildschweinen, Rehen und Hirschen. „Die Menschen haben also keine Haustiere gehalten, sondern gejagt und Fischfang betrieben“, erklärt er.

Entdeckt wurde die Siedlung im vergangenen Jahr von Hobbytauchern. „Weil die Stelle hier sehr geschützt liegt, gab es über die Jahrtausende kaum Erosion, die Funde liegen dicht bei dicht“, sagt Hartz voller Begeisterung. Mit Hilfe der so genannten C-14-Analyse, einer Messung der Halbwertzeit des radioaktiven Kohlenstoffes C 14, lässt sich das Alter der Fundstücke bis auf 30 Jahre genau bestimmen.

Diese Altersbestimmung erwarten die Archäologen voller Spannung. Durch jüngste Funde im Oldenburger Graben (Kreis Ostholstein) wurde Ackerbau um 4100 v.Chr. nachgewiesen. „Wenn unsere Schätzung stimmt, dann ist die Neustädter Siedlung und damit der sesshafte Mensch in Schleswig-Holstein rund 500 Jahre jünger“, sagt Hartz. Eva-Maria Mester