Soundcheck

Gehört: Jean Paul Bourellys Boom Bop feat. Archie Shepp. Die Austreibung der bösen Geister fand am Dienstagabend statt, vor halbvollen Rängen in der Fabrik – vorgenommen durch eine prominenete, kompetente, klangvolle und schlagkräftige Allianz. Jean Paul Bourellys neue Band ist kein experimenteller, geschweige denn ein esoterischer Klüngel, sondern ein zu allem entschlossener Haufen hervorragender Musiker. Boom Bop heißt sie und bringt ihr lautmalerisches Programm wunderbar auf den Punkt.

Bourellys Gitarre und Archie Shepps Saxofon: Da haben sich zwei gefunden. Aber die glückliche Verbindung erstreckt sich durchaus auf die gesamte Band. Schlagzeuger und Percussionist, die in jeder Phase buchstäblich alles in der Hand haben, wirbeln über aberwitzigen Abzählreimen, Bassist Reggie Washinton pumpt diese Wucht weiter; im Hintergrund legen die zirpenden Keyboards von Carl Bourelly ein Störfeuer. Schließlich die erste Reihe, dreistimmig besetzt mit Shepp, als Solist wie als Sideman ein Gewinn, mit dem fantastischen Sänger Abdourahmane Diop aus Dakar, eine Autorität auch er, und mit Bourelly, der seine Bandführung ganz selbstverständlich an den Tag legt. Die Gitarre ist sein verlängerter Arm, mit dem er sogar seinen Gesang noch mitdirigiert.

Gerade zweimal gönnt es sich die Band, einen Gang herunterzuschalten und ein wenig dem Blues-auf-Nummer-Sicher zu huldigen. Man kann es gebrauchen, zwischen den ganzen Exkursionen, die ähnlich angriffslustig sonst nur ein Vernon Reid mit Masque unternimmt. Viele von Bourellys Alters- und Szenegenossen, speziell die M-Base-Leitfiguren Gary Thomas und Greg Osby, verschreiben sich gern einer erbitterten, mutwillig vertrackten Komplexität.

Auch Jean Paul Bourelly spielt ambitioniert – die Anvatgarde ergibt sich nicht! – bleibt aber nah genug beim zu Grunde liegenden Rohmaterial. Macht sich das Druckvolle dunkler Rock-Riffs zunutze, und wenn er rappt, dann murmelt die Gitarre dazu. So wird der Blues zeitgemäß beim Wort genommen. Und in einem guten Konzert, man kennt das von James Blood Ulmer, gerät diese Simplizität nicht mehr nur ein bisschen betörend, sondern enorm wirkungsvoll. Die bösen Geister haben sehr schnell Fersengeld gegeben.

Andreas Schäfler