Kräftig durchgelegen

■ Studie: Hälfte der Dekubitus-Wundgeschwüre entsteht in Pflegeheimen. Einrichtungen wollen nun besser werden

Vor zwei Jahren hat das Institut für Rechtsmedizin mit seinen Zahlen den „Hamburger Pflegeskandal“ ausgelöst, weil es bei elf Prozent aller Verstorbenen in Hamburg Druckstellen durch Wundliegen, so genannten Dekubitus, gefunden hatte. Die Behörde für Arbeit, Gesundheit und Soziales, Pflegekassen und Hamburgische Pflegegesellschaft gaben eine Folgestudie in Auftrag. Die versucht bei 140 Fällen nachzuvollziehen, wie und warum die Geschwüre entstanden.

„Wir haben mit Pflegeheimen, ambulanten Diensten und Familienangehörigen gesprochen und Dokumentationen über die Toten angesehen“, erklärt Axel Heinemann vom Institut für Rechtsmedizin das Vorgehen. Dabei wurden erhebliche Mängel deutlich: Mehr als die Hälfte der Dekubiti entstand während des Aufenthaltes in einem Pflegeheim. „Wegen des Personalschlüssels ist Vorbeugung wie Behandlung dort schwer zu leisten“, erklärt sich Heinemann die Zahlen.

Sein Institut fand außerdem heraus, dass 20 Prozent der Dekubitus-Kranken drei Jahre oder länger an den Geschwüren gelitten hatten. Häufig sei nichts dagegen unternommen worden: „Nur bei 16 Prozent ist dokumentiert, dass innerhalb der ersten zehn Tage nach Auftreten des Geschwürs die Patienten regelmäßig umgelagert wurden“, sagt Heinemann. Kritik auch an den Ärzten: Nur in 20 Prozent wurden sie hinzugezogen, viele verschrieben nur zögerlich, einzelne behandelten mit Honig und Streuzucker. „Das sind völlig obsolete Methoden, da mangelt es an Fortbildung“, urteilt der Rechtsmediziner.

Inzwischen soll alles besser geworden sein. Denn neben der Einzelfallstudie gibt es seit April 1999 einen Hamburger Qualitätsvergleich in der Dekubitusprophylaxe. Darin geben 150 ambulante und stationäre Einrichtingen alle drei Monate Daten ab. Danach haben 7,5 Prozent der untersuchten Patienten ein Druckgeschwür, 1,7 Prozent ein schweres. Was Jens Stappenbeck, Geschäftsführer der Hamburgischen Pflegegesellschaft freut: „Wir können vorsichtig sagen, dass die Tendenz fällt.“ Allerdings ist die Teilnahme an dem Projekt freiwillig und deckt ein Drittel der in Hamburg professionell Gepflegten ab. Über die anderen gibt es keinerlei Zahlen.

Durch Vergleich der Einrichtungen soll die Pflege besser werden, Fortbildungen von PflegerInnen und ÄrztInnen sollen Dekubitus-Behandlung und -Vorbeugung verbessern, die Zahl der Dekubitus-Kranken soll weiter abnehmen. „Wir hoffen mit Hilfe von Gesundheitsbehörde und Pflegekassen eine externe Qualitätskontrolle einrichten zu können“, sagt Stappenbeck. Sandra Wilsdorf