SPD: Kein weiterer Verkauf von Tafelsilber!

■ Landesparteitag beschloss Sonderparteitag über Sanierungs-Strategie und: „Kein weiterer Verkauf von Eigentumsanteilen an Unternehmensvermögen“

„Der Parteitag lehnt die weitere Veräußerung von Eigentumsanteilen des noch im Eigentum befindlichen Unternehmensvermögens ... ab.“ Mit dieser klaren Beschlussfassung hat der Landesparteitag der SPD am vergangenen Montag die Finanz-Planungen des Senats gebremst. Der Senat plant nämlich, die Einnahmen jedes Jahr um ca. 100 Millionen durch Vermögensveräußerungen aufzustocken. Der Parteitag präzisierte, sein Veto gelte insbesondere für die Gewoba und die Bremische Gesellschaft.

Im Herbst, beschloss der Parteitag auf Antrag des Ortsvereins Gartenstadt Vahr, in der der frühere Häfen-Staatsrat Gerd Markus aktiv ist, soll ein Sonderparteitag stattfinden, auf dem grundsätzlich über die „Sanierungsstrategie der bremischen Öffentlichen Haushalte“ diskutiet werden soll. Grundsätzliche Fragen treiben die Parteibasis um, was sich daran zeigt, dass diese nahezu einhellig begrüßte, wie Fraktionschef Jens Böhrnsen dem Rhodarium die rote Karte gezeigt hat. Auf dem Unterbezirks-Parteitag in Bremen-Nord beschwor Bürgermeister Henning Scherf die Delegierten, das Investitions-Sonder-Programm nicht infrage zu stellen: „Verlässliche Partnerschaft ist hier gefragt, auch im Detail.“ Aber die Zustimmung zu Böhrnsens Vorstoß war einhellig. Der Schatzmeister der SPD-Nord, der Bankkaufmann Stefaan Jacobs, wies sogar darauf hin, dass die Annahmen, die den Tourismus-Projekten Bremens zugrunde liegen, nach den Erfahrungen der Expo und des englischen Dom-Projektes überprüft werden müssten. Private Projekte könnten staatlich gefördert werden, dann könne es aber nicht so gehen wie beim Musical, es müsse ein privates unternehmerisches Risiko geben, zu dem die Feststellung gehöre: „Jetzt war es auch genügend.“ Jacobs kritisierte auch, dass über Vorfinanzierungen die „Gestaltungsmöglichkeiten des Jahres 2005“ schon heute verplant würden. Die verbleibenden Vermögenswerte müsse die Stadt behalten, um Reserven für spätere Notlagen zu behalten.

Derzeit halten fünf Banken insgesamt 25,1 Prozent der Gewoba-Aktien, der Rest ist in der Hand der Stadt und der städtischen Gesellschaften BIG und Hawobeg. Nachdem die strategische Mehrheit der Stadtwerke ohne Beteiligung der SPD dem niederländischen Essent-Konzern zugesagt worden waren, trieb die Delegierten des Landesparteitages die Sorge um, dies könne auch bei den Gewoba-Anteilen passieren. Sowohl im Wahlprogramm wie in einem Landesparteitagsbeschluss vom 19.10.1999 hatte die SPD sich aber darauf festgelegt, die Mehrheit in der Hand zu behalten. Es ist kein Zufall, dass gerade der Ortsverein Gartendtadt -Vahr sich für diese Position stark macht. Ein Verkauf der Gewoba-Anteile, so die Befürchtung, könnte die traditionellen SPD-Wählerschichten verunsichern.

Die Gewoba selbst drängt derweil auf weitere Privatisierung. Eigentlich war der Gang an die Börse für dieses Jahr geplant. Die Gewoba habe ihre Hausaufgaben längst gemacht, teilte der Gewoba-Vorstand Werner Teetz auf der Bilanzpressekonferenz im Mai verärgert mit, der Senat habe sich aber außerstande gesehen, von der Eigentümerseite die Voraussetzungen bis zum Sommer zu schaffen. Damit verschiebe sich der Gang an die Börse auf das Jahr 2001. Die Gewoba hatte im vergangenen Jahr einen Gewinn von 31,2 Millionen Mark ausgewiesen, um sich beim Börsengang als renditeträchtiges Unternehmen darzustellen.

Hartmut Perschau, CDU-Finanzsenator, erklärte zu der SPD-Diskussion, der Koalitionspartner müsse sich entscheiden, ob sie für shareholder value oder für Mieterinteressen stehe. Heiner Erling, früher einmal Schatzmeister der Bremer SPD, dazu im Hinblick auf den nächsten Wahltermin: „Wenn wir die Mieterinteressen aufgeben, dann gute Nacht 2003.“ K.W.