Im Alleingang

Manchmal ist ein wenig Geduld nötig, um zu erkennen, was Websites wirklich leisten. Unter der Adresse www.philosophenlexikon.de ist auf den ersten Blick ungefähr das zu finden, was der Name verspricht. Ziemlich schmucklos beginnt die Liste für den Buchstaben „A“ mit „Abaelard, Pierre“ und endet mit „Ayer, Alfred Jules“. So geht es immer weiter das ganze Alphabet hinab.

Eine brave Fleißarbeit, so scheint es zunächst, doch Uwe Wiedemann mutet sich weit mehr zu. Nützlich ist sein Lexikon vor allem deswegen, weil es mit einem philosophischen Sachregister verknüpft ist. Es ist ebenfalls umfassend angelegt, und unter www.phillex.de auch direkt anwählbar. Vorerst ist zwar nur ein kleiner Teil der Schlagworte mit einem erläuternden Text versehen. Schon ein paar Testzugriffe offenbaren aber einen bemerkenswerten Sachverstand. Wiedemann scheint allen Ernstes im Alleingang eine wissenschaftliche Enzyklopädie der Philosophie aufbauen zu wollen. Doch das ist noch lange nicht alles. Wiedemann sammelt nicht nur, was bereits gedacht.

Unter www.pyrrhon.de/cohere/ gibt er Einblick in sein eigenes Denken. Mit seiner Dissertation an der TU Chemnitz will er einen eigenen Beitrag zur so genannten „Koheränztheorie“ leisten. Solche Theorien versuchen, einen Ersatz für den notorisch unhandlichen Wahrheitsbegriff zu finden. Plötzlich sind wir nicht mehr im Archiv der Philosophen, sondern an der Front des modernen Denkens. Wer sich traut, kann nun auch noch ein Java-Applet herunterladen, mit dem man Wiedemanns logisches Kalkül gleich praktisch ausprobieren kann.

All das ist schon hundertmal mehr Inhalt als von privaten Websites zu erwarten ist. Nur ist Wiedemann, 1963 in Potsdam geboren, damit noch immer nicht ausgelastet. Er hat nebenbei ein Konvertierungsprogramm für die Blindenschrift geschrieben, betreut die Website der Chemnitzer Ortsgruppe des Blindenverbandes von Sachsen und die Website des Chemnitzer Kreisverbandes der Bündnisgrünen.

niklaus@taz.de