lindenberg sattelt noch einmal: aus udo wird halla

Es war einmal ein Sänger. Den ließ Ende der 70er-Jahre ein „Mann vom Staat“ verschwinden. Weil er seinen Zuhörern die Wahrheit sagte. Über Deutschland. Auch wenn es den Mächtigen weh tat. Dieser Sänger war der Größte. Deshalb schalteten sie ihn aus.Tja. Es ist ja anders gekommen. Auch wenn Udo Lindenberg das (in „1990“) prophezeite und beschwor: Der Staat blieb Coolman. Und so muss er heute immer noch Platten veröffentlichen. Und immer noch tut es weh. Auf dem eben erschienenen „Der Exzessor“ zeigt sich Lindenberg weiter entschlackt – insbesondere von jeglichem Qualitätsanspruch. Musikalisch: Ähem. Textlich: Poesiesprüche („Bedrohte Völker uns’re Freunde, lasst ihnen ihren Lebensraum!“), wieder aufbereitetes Altmaterial, handwerklich erbärmlich zusammengeklebt („Ich komme aus dem Ghetto wie der Straßenwind“).

Inhaltlich allerdings muss man differenzieren zwischen Anbiederung anden Zeitgeist und Anbiederung an den zahlenden Kunden. Ersteres Konzept wird besonders gnadenlos durchgezogen in zwei schwülstigen Berlin-Preisungen, Zweiteres mit einer Hymne auf den Profiradrennstall Team Telekom.Peinlich? Erbärmlich? Beschämend? Sagen wir so, liebe Kinder: Es ist schön und richtig, dass Halla, nachdem sie 1956 in Stockholm Gold gewonnen hatte, bis an ihr Lebensende auf der Weide rumstehen durfte. Aber Hans-Günther Winkler war klug und hat sie nicht mehr gesattelt. Und seht ihr, Kinder: So könnt ihr es auch halten.                        PETER UNFRIED

Udo Lindenberg: „Der Exzessor“ (Berlin/Sony)