Erlernen durch Erleben

Frontale politische Bildung ist out, erlebnisorientierte Weiterbildung in. Denn: „Engagement muss Spaß machen“  ■ Von Sandra Wilsdorf

Mit drögem Frontalunterricht oder Diskussions-Stuhlkreisen lassen sich Jugendliche nur selten zu politischer Bildung verlocken. Es gibt kaum noch verlässliche Lebensmuster, Individualisierung macht einsam, aber auch das eigene Leben wichtiger als gesellschaftspolitisches Engagement. Das hat „Arbeit und Leben“, eine Arbeitsgemeinschaft von Deutschem Gewerkschaftsbund und Volkshochschulen dazu veranlasst, das Projekt „erlebnisorientierte Weiterbildung“ aufzulegen. „Jugendliche erwähnen als Bedingungen für ihre Beteiligung an politischen Prozessen: Engagement muss Spaß machen, die Beteiligten müssen über Wege und Ziele mitbestimmen können“, heißt es in dem Konzept. Die Bildungshungrigen wollen ihre Fähigkeiten einbringen und Ziele in absehbarer Zeit erreichen.

Der Politik-Begriff solle neu formuliert werden: Politik als Handeln und im Zusammenhang mit der eigenen Lebenswelt. „Erlebnisorietierte Weiterbildung“ ist ein bundesweit angelegter Modellversuch, um erlebnispädagogische Ansätze in die Politische Bildung zu integrieren. Es wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert und richtet sich an 16- bis 30-Jährige. Deshalb kosten die Seminare, wenn überhaupt, einen eher symbolischen Beitrag – zum Beispiel 40 Mark für einen sechstägigen Segeltörn auf der Elbe.

Mit diesem Erlebnis-Konzept bietet „Arbeit und Leben“ auch das einwöchige Work-Camp-Seminar „Spurensuche“ in Neuengamme an. Jugendliche leben in einem Zeltlager, graben und rekonstruieren historische Details und nähern sich auch künstlerisch und mit eigenen Erfahrungen dem ehemaligen Konzentrationslager. Am Ende sollen sie sich darüber klar werden, welche gesellschaftliche Aufgaben eine Gedenkstätte hat und wie ihre Arbeit jugendgerechter werden kann.

„SiStars walking on air“ ist ein weiteres Angebot. Junge Frauen unternehmen einen Rundfunkspaziergang durch Hamburg und verarbeiten ihn in einer eigenen Radiosendung. Ebenfalls für junge Frauen gibt es eine Metallwerkstatt. Am Ende soll eine Skulptur stehen. Am Anfang steht die Auseinandersetzung damit, wie Frauen in Kunst und Medien dargstellt werden und wie das eigene Frauenbild aussieht.

Und junge Männer? Die begeben sich mit „Good Guys, Bad Boys“ auf eine einwöchige Entdeckungsreise durch einen Stadtteil. Wände hochklettern, fotografieren, Leute kennenlernen sollen dabei die Spuren auf der Suche nach dem Männerbild legen.

Weitere Infos zu den Erlebnis-Seminaren: Tel.: 28 40 16-13 oder 28 40 16-33.