Stilvoll in die Lesbengruft

■ Wie „FrauenLesben“ die Hetero-Familie außen vor halten, wenn's ans Sterben geht, konnte frau bei einer Veranstaltung des Autonomen Frauenreferats der Uni lernen

Tot ist frau – bitteschön – konventionell. Weißes Totenhemdchen mit Rüschen. Haltung bis unter die Erde. Wenn sie aber keine Rüschen mag, und die Liebste besser als die lieben Verwandten weiß, welcher Abschied der Richtige ist, dann gibt's ein Problem. Wie dem Recht und den Konventionen beizukommen ist, darüber informierten die Rechtsanwältin Sascha Lotzkat und die ehemalige Bestatterin Cordula Caspary. Ehemalig deshalb, weil „es mir irgendwann gereicht hat, wie Männer mit dem Thema umgehen“. Zwar war der Donnerstag Abend in der Schule am Barkhof einer für rund 40 „FrauenLesben“, so die Veranstalterinnen vom Autonomen Frauenreferat der Uni. Aber Männer dürfen weiterlesen: Die Ratschläge waren uni-sex.

Vorm Sterben kommt meist die Krankheit. Dann kümmern sich Mamapapatanteonkel, ob die Kranke es will oder nicht. „Leben am Krankenbett ihre Schuldkomplexe aus, und die Freundin muss draußen bleiben“, bringt eine Zuhörerin das Problem auf einen Nenner. Aber das lässt sich verhindern. Per Patientinnenverfügung kann jede bestimmen, wer an ihr Krankenbett darf, welche Schläuche sie am Leben erhalten oder wem die Ärzte Auskunft geben dürfen. „Sich freimachen von vorformulierten Texten“, empfiehlt Anwältin Lotzkat. Aber das Problem jeder Vollmacht sei: je offener sie gehalten ist, desto anfechtbarer wird sie. Also gut überlegen und später auch mal überprüfen. „Nicht, dass statt Frauke inzwischen dort Susanne stehen müsste.“ Immer gut sei die notarielle Beglaubigung. „Das ist dann Schmuckpapier mit Siegel und Bändchen in der Landesfarbe. Da gehen Ärzte nicht so schnell drüber weg.“ Und wenn doch: „gerichtlich durchsetzen“. Wichtig sei die Verfügung auch aus einem anderen Grund, warf eine Frau aus dem Publikum ein, schließlich gebe es Fälle, in denen Mamapapa umso weniger am Weiterleben des Nachwuchses interessiert seien, „je schwuler oder lesbischer die sind.“ Oha.

Überhaupt waren die Feindbilder klar an diesem Abend. Wie wird die liebe Verwandschaft am besten außen vor gehalten? Wie bekommt die Freundin Haus und Hof, Auto und Segelboot, und die Eltern die Schulden? Sei es per Vermächtnis, Erbe oder Schenkung – hier rät die Juristin zum individuellen Gang zur Steuerberaterin. Denn Erbschafts- wie Schenkungssteuern „sind immens“. Da gebe es vielleicht „andere Möglichkeiten“.

Und wenn es dann soweit ist und die Liebste stirbt, dann funktioniert der Weg vom Totenbett ins Grab ohne Bestatter. Fast ohne. Die „schwarz angezogenen Männer mit Trauerpflichtmine“ – so Ex-Bestatterin Caspary über die Ex-Kollegen – werden nur noch fürs „Überführen“ gebraucht, für die letzte Fahrt zum Friedhof. „Wenn der Tod dann da ist, scheint es immer, als sei nur ganz wenig Zeit“, sagt Cordula Caspary. Alles nicht wahr: 36 Stunden und länger darf die Tote aufgebahrt sein, ist Zeit zum Abschied nehmen. Waschen, schön machen, mit Parfum betupfen, die Lieblingsmusik auflegen, die Freundinnen einladen – alles geht. Damit die Gefährtin die gemeinsamen Vorstellungen durchsetzen kann, braucht sie die so genannte Totenfürsorgeberechtigung. Am besten, rät Caspary, ist ein Ordner, der allen Papierkram enthält. Beizeiten angelegt. Beerdigung im Holz-, Weiden- oder Pappsarg, preiswert erstanden beim Großhandel statt beim Bestatter, von den Freundinnen auf dem Bahrwagen selbst zum Grab gerollt. Und das anfangs genannte Totenhemd aus schlecht vernähter, aber engelsweißer Viskose, rückenfrei – da braucht die Tote eh' nix mehr –, das ist komplett überflüssig. Erlaubt ist, was gefällt. Mit den Lieblingsklamotten rein in den Krematoriumsofen, ins Familiengrab, die Einzelparzelle oder – gluckste eine Zuhörerin – „in die Lesbengruft“. sgi