Zurück an die frische Luft

12 Millionen Mark stellt der Senat für die Sanierung von 20 Stadtplätzen bereit. Dazu sollen Bäume und Blumen gepflanzt, Gehwege ausgebessert und neue Parkbänke aufgestellt werden

von LARS KLAASSEN

Klotzen statt kleckern: Für dieses Prinzip ist Berlin samt seinen Bewohner weithin berüchtigt. Zehn Jahre Hauptstadt- und Metropolenhype haben dieses Image weitgehend bestätigt. Doch nun erklingen ganz andere Töne: „Es ist Zeit, sich wieder der eigentlichen Stadt zuzuwenden“, sagt Petra Reetz, Pressesprecherin in der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung. Die viel beschworenen Berliner Kieze wurden bislang vor allem als Touri-Kulisse abgefeiert. Das soll in diesem Jahr anders werden: Für insgesamt rund 12 Millionen Mark wird die Senatsverwaltung unter „Supersenator“ Peter Strieder (SPD) 20 Stadtplätze sanieren. Darüber hinaus sollen im Rahmen des „Stadtplätze“-Programms 30 Brunnen wieder zum Sprudeln gebracht werden. Von den rund 550 Berliner Wasserspielen blieben im vergangenen Jahr über 200 trocken.

Prominente City-Plätze, wie etwa der Breitscheid- oder Alexanderplatz wurden aus dem Programm bewusst ausgeklammert – sie werden ohnehin schon über andere Töpfe versorgt. Von den ausgewählten Plätzen befinden sich zwölf in Gebieten des Quartiersmanagements und acht in Sanierungsgebieten. Ziel der Finanzierung sind Anlagen, die Zentrum eines Wohnquartiers sind oder es zumindest nach den Umbauten wieder werden sollen. Doch die Arbeiten sollen sich nicht nur auf ein wenig plastische Chirurgie beschränken. „Um spektakuläre Eingriffe geht es dabei nicht“, sagt Reetz. Nachdem das Land Berlin in den vergangenen Jahren die Sanierung von rund 70.000 Wohnungen gefördert habe, solle nun auch das unmittelbare Wohnumfeld wieder in Schuss gebracht werden. Diese Rückgewinnnung des öffentlichen Raumes verläuft von Platz zu Platz völlig unterschiedlich. Unter anderem sollen Bäume und Blumen gepflanzt, Gehwege ausgebessert und neue Bänke aufgestellt werden.

Die Friedrichshainer Baustadträtin Martina Albinus-Kloss urteilt etwas anders über das Programm: „Herr Strieder hat da etwas verkauft, was es eigentlich schon gibt.“ So sei der Wismarplatz zwar mit gut 140.000 Mark auf der Förderliste aufgeführt, „aber was in diesem Jahr dort geschieht wird, über das Programm Stadtweite Maßnahmen finanziert“. Erst nach dem Bau einer Ampelanlage und einer Straßenschließung wird 2001 die Umgestaltung des Platzes in Angriff genommen – und erst dann fließt auch Geld aus dem Stadtplätzeprogramm.

Eines der prominentesten Projekte im „Stadtplätzeprogramm“ ist das Kottbusser Tor. Dort werden mit den Vorplätzen der Blöcke 85 bis 88 gleich vier Teilabschnitte in Angriff genommen. Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung investiert zwischen 185.000 und 410.000 Mark in jeden dieser Teile. Baubeginn ist im zweiten Halbjahr 2000. Den Bewohnern der anonymen Hochhausburgen soll es künftig erleichtert werden, sich mit ihrem Heim zu identifizieren. „Das fängt schon damit an, dass die Eingangstüren der Häuser verschiedenfarbig angestrichen werden, damit sich die Gebäude optisch voneinander unterscheiden und nicht nur durch die Hausnummer“, so Reetz.

Der Antonplatz in Weißensee wird dank der gut 1,6 Millionen Mark aus dem Senatstopf ab 2001 voraussichtlich kaum noch wiederzuerkennen sein: Ein Teil des Platzes wird verkehrsberuhigt. Bäume, Fahrradständer und neue Straßenlaternen sollen nach den Umbauten zum Flanieren einladen. Zunächst muss aber eine stillgelegte Toilettenanlage entfernt werden. Zudem hat sich der Geldsegen des Senats verzögert: Der Landeshaushalt war gesperrt. „Wir mussten den Bewilligungsbescheid bis 2001 verlängern lassen“, so Baustadtrat Rainer Hampel.

Der Helmholtzplatz in Prenzlauer Berg soll in drei Bauabschnitten saniert werden. Dabei nutzt der Bezirk verschiedene Förderprogramme. Doch schon in Phase eins, dem Bau eines Spielplatzes und eines Bolzplatzes, traf man auf unvorhergesehene Probleme: „Bei der Arbeiten wurde ein Feuerlöschteich aus Kriegszeiten freigelegt, der mit kontaminierter Erde gefüllt war“, erläutert Yvonne Kuhlert, Planerin und Bauleiterin im Gartenamt Prenzlauer Berg. Fazit: Das Zeug muss für teures Geld in eine Bodenwaschanlage geschickt werden. Die Fertigstellung des halben Platzes ist derzeit davon betroffen.

In den Bauphasen zwei und drei sollen die Aufenthalts- und Grünflächen und schließlich die Bepflanzung am Rand der Gehwege hergerichtet werden. Diese stadtplanerische Arbeit wird durch soziale Projekte abgerundet: Auf dem Helmholtzplatz wird im Sommer diesen Jahres das so genannte „Platzhaus“ eröffnet. ABM-Kräfte von „Förderband“, einer gemeinnützigen Kulturinitiative, übernehmen wichtige Aufgaben beim Bau des Kiez-Treffpunktes. Das ehemalige Toilettenhhaus soll unter anderem als Ausleihpunkt für Sport- und Spielgeräte, als Kiezgalerie sowie soziale und künstlerische Schaltstation dienen. „Nur wenn die Plätze genutzt werden und die Anwohner sie als ihren ureigensten Lebensraum betrachten, bleiben sie auch als solche erhalten“, betont Reetz.