Ein Nazi als Gesandter Gottes

In London ist ein Rechtsextremist schuldig gesprochen worden, der im April 1999 mit Nagelbombenanschlägen auf Schwule und Schwarze drei Menschen tötete

DUBLIN taz ■ In London ist gestern der so genannte „Nagelbomber“ David Copeland wegen dreifachen Mordes schuldig gesprochen worden. Die Geschworenen am Old Bailey fällten ihr Urteil einstimmig. Der 24-jährige David Copeland hatte im April 1999 drei Nagelbomben in den Londoner Stadtteilen Brixton, Spitalfields und Soho gelegt. Ziel der Angriffe waren Homosexuelle und Schwarze. Bei der Explosion in der Schwulenkneipe Admiral Duncan in Soho kam die 27-jährige schwangere Andrea Dykes und ihre Freunde John Light und Nik Moore ums Leben, 129 Menschen wurden verletzt. Bei den anderen Anschlägen gab es Verletzte.

Ein Strafmaß gegen Copeland gibt es noch nicht. Seine Schuld war ohnehin die ganze Zeit erwiesen, weil er geständig ist. Nach seiner Verhaftung im vorigen Jahr sagte Copeland: „Ich wollte geschnappt werden, um berühmt zu werden.“ Selbst als sein Fahndungsfoto nach den ersten Bombenanschlägen veröffentlicht wurde, tauchte er nicht unter, sondern legte eine weitere Bombe.

Strittig war beim Prozess, der Anfang Juni begann, allein seine Zurechnungsfähigkeit. Die Verteidigung hat auf Totschlag wegen mangelnder Zurechnungsfähigkeit plädiert und gesagt, Copeland leide unter Schizophrenie. Er habe sich sogar eine Waffe besorgt, um Premierminister Tony Blair zu töten, sagte sein Verteidiger zur Begründung. Copeland wolle Blair, Mandelson und den Staatssekretär Paul Boateng „so richtig ärgern“ – Mandelson, weil er ihn für schwul hält, und Boateng, weil er schwarz ist.

„Gott hat mich auserwählt, um einen Rassenkrieg gegen Schwarze, Asiaten und Schwule zu führen“, sagte Copeland, ein Ingenieur aus Cove in der Grafschaft Hampshire, seinem Gerichtspsychiater. Schuld seien die Eltern: Sie hätten sich über ihn lustig gemacht und ihn mit Andeutungen über seine angebliche Homosexualität gehänselt. Copelands Strategie, auf Unzurechnungsfähigkeit zu plädieren, ging zunächst auf. In einem Brief an einen freien Journalisten schrieb er: „Ich kann es kaum glauben, dass ich alle Ärzte hereingelegt habe.“ Der Journalist hatte einen Briefwechsel mit Copeland begonnen und ihm geschrieben, dass er ihn für seine Taten bewundere.

Die Bedingungen in der geschlossenen Anstalt Broadmoor empfand Copeland jedoch noch härter als im Gefängnis. Es sei das „Reich der lebenden Toten“, sagte er und setzte alles daran, um wieder in die normale Haftanstallt zurückgeschickt zu werden. „Ich wusste nicht, dass Broadmoor hundertmal schlimmer als ein Gefängnis ist“, sagte er. „Ich bin ein gesunder Mann. Ich habe den Ärzten nur gesagt, was sie hören wollten.“

Vor Gericht zeichnete Copeland zunächst ein finsteres Bild von sich selbst. „Ich bin ein Nazi, der gerne Menschen tötet“, sagte er. „Gut, die Frau tut mir leid, und auch das Baby, das einen Nagel im Hirn hat, tut mir leid – selbst wenn es nur ein schwarzes Baby ist. Aber sonst bereue ich nichts.“ Die beiden homosexuellen Männer, die er umgebracht hat, bezeichnete er als Tiere.

Als Teenager, so Copeland, begann er, sich für den Nationalsozialismus zu interessieren. Er nahm Kontakt zum Christian Identity Movement auf, eine rassistische US-amerikanische Bibelgruppe. Er entschied sich dann jedoch, als „Einzelkämpfer“ zu arbeiten, weil man den rechtsextremen Organisationen in Großbritannien nicht trauen könne. Als Vorbilder nannte er Hitler, Stalin, Saddam Hussein und Henry Lee Lucas - ein US-Amerikaner, der sich damit brüstete, hundert Frauen ermordet zu haben. Sein Zimmer hatte Copeland mit Fotos von Bombenanschlägen der IRA und islamischer Terrorgruppen sowie mit Zeitungsartikeln über seine eigenen Attentate dekoriert. Beim Lesen der Ausschnitte habe er jedesmal einen Orgasmus bekommen, sagte er.

Vor Gericht änderte Copeland dann seine Taktik erneut und versuchte, die Geschworenen von Schizophrenie zu überzeugen. Er sei ein Gesandter Gottes, Christus werde erneut erscheinen, und die Welt werde noch in diesem Jahr untergehen, erklärte er. Die Staatsanwaltschaft lehnte seinen Antrag auf verminderte Schuldfähigkeit trotzdem ab. Staatsanwalt Nigel Sweeney sagte: „Wir akzeptieren, dass er eine Persönlichkeitsstörung hat, aber keine Geisteskrankheit.“

Der Polizei hatte Copeland beim Verhör nach seiner Verhaftung erklärt, dass er in spätestens fünf Jahren wieder frei sein werde. „Dann sind nämlich die Rassisten in Großbritannien an der Macht.“ RALF SOTSCHECK