Rentenmodell à la Blüm?

Mit dem geänderten Rentenkonzept kam die SPD Union und Gewerkschaften entgegen. Nun droht neuer Streit darüber, ob Arbeitgeber für private Zusatzvorsorge zahlen sollen

BERLIN taz ■ Der Kanzler sprach von Krisentreffen, ergo Krisenmanagement. Nach massiver Kritik aus Gewerkschaften, Union und der SPD-Fraktion hatte Gerhard Schröder am Freitagabend überraschend Zugeständnisse bei der Rentenreform gemacht. Doch der Erfolg der Schröderschen Offensive ist zweifelhaft. Denn der Streit um Rentenniveau und private Zusatzvorsorge ist am Wochenende neu entbrannt.

Mit dem Chef der Deutschen Angestelltengewerkschaft (DAG), Roland Issen, und der Vizevorsitzenden des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), Ursula Engelen-Kefer, vereinbarte Schröder, den umstrittenen Ausgleichsfaktor zu streichen. Nach der von Arbeitsminister Walter Riester (SPD) zunächst geplanten Formel sollte die Rente umso stärker schrumpfen, je größer der Versorgungsanspruch aus der Zusatzrente ist.

Um der Überalterung der Gesellschaft Rechnung zu tragen, plant die Regierung nun stattdessen ab 2011 einen Abzug bei den Rentenerhöhungen um jährlich 0,3 Prozent. Unklar ist, ob dies nur Arbeitnehmer treffen soll, die dann neu in Rente gehen, oder aber alle Rentner. Im letzteren Fall käme die Regierung dem Blümschen Modell eines „demographischen Faktors“ nahe, mit dem der CDU-Arbeitsminister die Kosten der steigenden Lebenserwartung auf alle Schultern verteilen wollte. Noch im Wahlkampf hatte die SPD dies scharf kritisiert.

Beim Krisengespräch konnten die Gewerkschaften zudem die radikale Absenkung des Rentenniveaus von derzeit 70 auf 64 Prozent des durchschnittlichen Nettolohns bis zum Jahr 2020 abwehren. Geplant ist nun, das Niveau erst ab 2015 schrittweise auf 67 Prozent im Jahr 2020 bzw. 64 Prozent im Jahr 2030 zu senken. Den Arbeitnehmerbeitrag zur Rentenversicherung will der Minister von derzeit 19,5 Prozent bis 2025 nur auf 20 Prozent erhöhen und bis 2030 auf 22 Prozent begrenzen.

Während Riester mit dem Verzicht auf den Ausgleichsfaktor der Opposition den Wind aus den Segeln nahm, hat er sich mit der geplanten privaten Zusatzversicherung neuen Ärger eingehandelt. Anders als bei der gesetzlichen Rente sollen für sie allein die Beschäftigten aufkommen. Das wäre „der Ausstieg aus der paritätischen Altersvorsorge“, wetterten prompt die Gewerkschaften.

Dem von der Union geforderten Kinderbonus für die Privatvorsorge von 30 Mark pro Monat und Kind will die Regierung zustimmen. Riester geht davon aus, dass damit ein Konsens möglich ist. Fraglich ist nur, ob seine Parteifreunde in Vorstand und Fraktion das bei den Beratungen heute und morgen genauso sehen.

NICOLE MASCHLER

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