Gröpelingen – Izmir online

■ Im Internet-Job-Club lernen junge Mütter und türkische Jugendliche computern und wie man sich Selbstbewusstsein zulegt / Fortbildung, die in Ausbildung münden kann

„Guck' mal, das isser.“ Die Frau hat ihren Liebsten im weltweiten Datennetz entdeckt. Auf der Homepage einer Bremer Institution, ganz in Farbe. „Der ohne Glatze, nicht der da unten“, der Cursorpfeil piekst mehrfach auf das gelbe Hemd des Lovers. Ihre Nachbarin am Schirm nebenan kichert.

Die Frauen, die hier im neonbeleuchteten Raum vor den Bildschirmen sitzen, sollen lernen das Netz zu beherrschen. Mailen, gar Webseiten bauen. Nicht die Schätzchen herausfischen. „Aber das ist wie ein Sack Flöhe hüten“, sagt ein Mitarbeiter im Internet-Job-Club im Gröpelinger Service-Contor-West. Die Surferei lasse sich so gar nicht überwachen. Das kostet hier noch niemanden den Job. Wie auch – keine der zwölf Teilnehmerinnen hat einen. Allenfalls die Aussicht auf einen Ausbildungsplatz in Sachen Bürokommunikation, vulgo: zur Sekretärin. Hier im Internet-Job-Club lernen sie computern, Word und Excel, Internet und – später – Webseiten bauen. Zwei Monate dauert der Kurs, und ihre Chancen auf den begehrten Ausbildungsplatz verbessern sich dadurch erheblich. Das hat ihnen das Arbeitsamt erklärt, deshalb sind sie hier. Und: „Computer schadet ja nichts“, findet Dilek, 26.

Allesamt sind sie Mütter, die meisten allein erziehend. „Ich hab' versucht zu arbeiten“, erzählt Nadine, 25, Mutter eines Sieben- und einer Zweijährigen. Aber man habe ihr abgesagt mit der Begründung sie könne ja erneut schwanger werden. Die anderen haben Ähnliches zu erzählen. Absagen, von wegen, die Kinder könnten krank werden, die Mutter somit am Arbeitsplatz fehlen. Das, was sie nun machen, finden sie „ganz interessant“, ihr Traumjob jedoch ist „Modedesignerin, aber die sind meistens arbeitslos, deshalb lasse ich's bleiben“, sagt Dilek zum Beispiel. Oder „Hotelfachfrau, aber das geht nicht wegen der Schichten“, sagt Nadine. Oder „Lehrerin, aber hier wird meine Ausbildung nicht anerkannt“, sagt die Polin Monika.

Wenn mittags dann die jungen Mütter gehen, kommen türkische SchülerInnen. Bei ihnen geht es nicht nur um den Umgang mit dem Computer, sondern auch um Bewerbungs- sowie Selbstbewusst-seinstraining. Und Freitag ist immer Izmir-Tag: Kids aus Gröpelingen und aus Izmir sollen im Netz gemeinsam ihr Leben im jeweiligen Stadtteil vorstellen. Noch habe man „ein kleines Serverproblem“, aber der Chatroom Gröpelingen-Izmir steht.

Neben der Projektleiterin arbeiten im Internet-Club drei weitere Arbeitskräfte, zwei per ABM, eine per BSHG. Schließlich unterstützt eine Türkisch sprechende Honorakraft die rund 20 Nachmittagsjugendlichen. Und wenn die nach Hause gehen, kommen einmal wöchentlich noch etwa fünf türkische Frauen, die hier EDV-Grundlagen lernen.

Der Internet-Club hat verschiedene Partner, bemüht sich um Praktika für seine Sprösslinge bei Betrieben in der Nachbarschaft und bietet nicht zuletzt Internet-Kurse für alle Gröpelinger an, will so kleinen Geschäftsleuten, die den Internet-Auftritt noch scheuen, auf die Sprünge helfen.

Seit Februar ist der Club geöffnet, nach einer Idee von Detlev Söffler von der Planungswerkstatt. Die beantragte und bekam rund 170.000 Mark aus dem Europäischen Sozialfonds, hinzu kommen die ABM-Mittel. Doch diese Stellen enden im Dezember. Wie es weitergeht, ist noch nicht klar. Aber es muss weitergehen, „sonst würde das hier einbrechen“, sagt Söffler. Und lässt keinen Zweifel daran, dass es viel einzubrechen gibt. sgi