In 10 Jahren nicht genug gefördert

Zahl der türkischen Schulabgänger ohne Abschluss sank seit 1990 nur „geringfügig“. Fragerunde mit Böger

Die Zahl der türkischen Schüler ohne Abschluss blieb in den vergangenen zehn Jahren laut Einschätzung des Türkischen Bunds in Berlin-Brandenburg (TBB) auf einem dramatisch hohen Niveau. Im Schuljahr 1998/99 verließ nach Berechnungen der Vereinigung fast ein Viertel der Türken ihre Schule ohne Abschluss. 1990 waren es sogar knapp 34 Prozent gewesen. Dieser Rückgang ist laut TBB-Sprecherin Eren Ünsal aber „praktisch nicht der Rede wert“ – verglichen etwa mit den Zahlen für die deutschen Schulabgänger. Von ihnen hatten im vergangenen Schuljahr nur gut 10 Prozent keinen Abschluss.

Zwei Gründe nannte Eren Ünsal für den ihrer Meinung nach zu geringen Rückgang: Erstens gebe es nach wie vor zu wenig gezielte Förderung im Bereich Spracherwerb. Zweitens hätten sich Hoffnungen nicht erfüllt, dass bei der dritten und vierten Generation der Türken das Sprachproblem praktisch keine Rolle mehr spielen werde. Vielmehr sei genau das Gegenteil der Fall, so die Sprecherin.

Da die Arbeitslosigkeit unter Türken angestiegen sei, würden viele Eltern ihre Kinder nicht mehr in Kindertagesstätten schicken. Gleichzeitig hat sich laut Eren Ünsal das „Netz der türkischen Sprache“ in einigen Bezirken verfestigt. Die Folge: „Viele türkische Kinder lernen oft bis zum Schuleintritt kein Deutsch“, bedauerte die Sprecherin.

Ein wesentlicher Teil der daraus entstehenden Probleme in der Schule ließe sich nach Ansicht des TBB lösen, wenn die Eltern besser über Möglichkeiten zur Sprachförderung informiert wären. „Viele Eltern wissen einfach nicht, an wen sie sich wenden sollen“, berichtete Eren Ünsal.

Mit der Veranstaltung „Eltern fragen, die Senatverwaltung antwortet“ im Rathaus des Bezirks Kreuzberg will der TBB betroffenen Eltern und Jugendlichen die Möglichkeit bieten, sich zu informieren. Während des ersten Teils der Veranstaltung steht Schulsenator Klaus Böger (SPD) Rede und Antwort. Im Anschluss daran beantworten – aufgeteilt in die vier Gruppen Vorschule, Grundschule, Sekundärstufe und Berufsausbildung – Schulräte und Fachberater der Verwaltung die Fragen der Besucher. Mehrere Übersetzer werden anwesend sein.

Die Fragestunde, zu der im vergangenen Jahr im Bezirk Wedding rund 100 Interessierte kamen, ist kostenlos. BERT SCHULZ

Die Veranstaltung findet am 8. Juli im Bezirksamt Kreuzberg in der Yorckstraße 4–11 von 15 bis 18.30 Uhr statt.