Nachhilfe in Kundenfang

Als Gemeinschaftsaktion wurden die Schnupperkurse „Frauen ans Netz“ gestartet. Doch nun fühlen sich die Computerschulen vom Sponsor Telekom ausgebootet

BERLIN taz ■ Beim Treffen mit den Werbestrategen haben die Telekom-Manager gut aufgepasst. Marketing-Experten raten seit längerem, Frauen als Zielgruppe ins Visier zu nehmen. Als das Bielefelder „Kompetenzzentrum – Frauen in der Informationsgesellschaft und Technologie“ 1998 im Auftrag des Bildungsministeriums die Aktion „Frauen ans Netz“ startete, war die Telekom sogleich zur Stelle. Sie stellte Räume und Internetanschlüsse. Trainerinnen von Frauen-Computer-Schulen sollten die Anfängerinnen in die Geheimnisse des World Wide Web einweihen. Die Frauenzeitschrift Brigitte warb für die Kurse.

Über den Erfolg der Gemeinschaftsaktion war vor allem die Telekom überrascht. Im vergangenen Jahr liefen die Schnupperkurse bereits in 110 Städten. Sie sollten in erster Linie nicht berufstätige Frauen ansprechen, die sonst nur schwer Zugang zum Internet haben. Deshalb beteiligten sich auch die Bundesanstalt für Arbeit und das Bildungsministerium. Doch am Ende saßen vor allem Brigitte-Abonnentinnen vorm PC – kleines Dankeschön an die Leserschaft. Wie der Hamburger Verlag wollte auch die Telekom nicht ohne Gegenleistung ausgehen. Die Referentinnen hätten Anweisung erhalten, das Angebot von T-Online besonders hervorzuheben, erinnert sich Karin Amos von der Hamburger Computer-Schule für Frauen. Schließlich übernahm das Unternehmen die Präsentation selbst. „Unsere Referentinnen hatten daran inhaltlich keinen Anteil“, sagt Angelika Huber, Aufsichtsrätin der Münchener Frauen-Computer-Schule.

An den Folgekursen im Mai waren die Schulen schon gar nicht mehr beteiligt. Die Stunden hielten nun ausschließlich Trainerinnen der Telekom ab. Das Unternehmen hatte sich im Vorfeld mit der Organisation so viel Zeit gelassen, bis die Frauen-Initiativen abwinkten. Was diese nicht wussten: Genau darauf hatte die Telekom spekuliert. Sie beharrte darauf, die Kurse auch allein durchzuführen. Nach einigem Zögern stimmte das Kompetenzzentrum zu: „Im Herbst ist die Aktion wieder für alle Bildungsträger offen“, sagt Koordinatorin Birgit Kampmann.

Erst via Pressemitteilung erfuhren die Frauen-Computer-Schulen, dass die Kurse ohne sie weiterlaufen. In einem offenen Brief beklagen sie, ausgebootet worden zu sein. „Die Schulen haben die Kurse zusammen mit den Arbeitsämtern geplant“, sagt die Hamburger Computer-Fachfrau Karin Amos. „Nun wird das so vermarktet, als ob es sich um eine Telekom-Aktion handelt.“

Einen Beschluss, die Schulen herauszudrängen, habe es nie gegeben, hält Koordinatorin Kampmann entgegen. Dafür aber die stillschweigende Vereinbarung mit dem Bildungsministerium, dass die anderen Träger nicht über den Fortgang der Aktion informiert werden. Knapper Kommentar der Ministeriumssprecherin: „Die Telekom hat sich für uns als guter Partner erwiesen.“ Aufgeschreckt durch die Nachfrage stellte sie offenbar umgehend die Bielefelder Koordinatorinnen zur Rede. Von einer Anweisung von oben wollten die jetzt nichts mehr wissen.

Gänzlich unbeeindruckt von der Kritik der Frauen-Computer-Schulen scheint das Berliner Ministerium aber doch nicht zu sein. Immerhin will es in den kommenden Wochen einen runden Tisch einberufen. Die Telekom hat für den Unmut der Frauen-Initiativen nur eine Erklärung: „Möglicherweise stößt denen auf, dass wir Schnupperkurse für nur 55 Mark anbieten.“ Die Frauen-Computer-Schulen haben die Nase voll. Im September starten sie mit eigenen Kursen.

NICOLE MASCHLER

Hinweis:Via Pressemitteilung erfuhren die Computerschulen, dass die Aktion „Frauen ans Netz“ ohne sie weiterläuft