Zu viel Geld, zu wenig Wirkung

■ Drei Beiräte tagten zum Concordia-Tunnel / massive Kritik an Erweiterungsplanungen / Erklärung (fast) einstimmig abgegeben

Wäre es nicht besser, alles beim Alten zu lassen? Den Concordia-Tunnel nicht zu verändern, die Schwachhauser Heerstraße nicht auszubauen? Das war die Frage, die sich vielen aufdrängte bei der gemeinsamen Sitzung der Beiräte Schwachhausen, Mitte und östliche Vorstadt am Montagabend.

Die Aula des Hermann-Böse-Gymnasiums war Bühne für eine große Talkshow. Die Beiräte vorne, auf Schülerstühlen und an Pulten, artig in U-Form gruppiert, damit das Publikum gut sehe. Rund 80 Menschen waren gekommen. Vorne rechts am Katzentisch waren die Planer platziert. Manege frei für einen Abend, der alten Anti-Stadtautobahn-Kämpen irgendwie vertraut vorgekommen sein muss.

Vier Spuren und extra Gleisbett für die Straßenbahn auf der Schwachhauser Heerstraße, dann die Erweiterung und Erhöhung des Concordia-Tunnels durch Tieferlegen der Fahrbahn, schließlich die Verwandlung vom Rembertiring in eine Rembertikurve – das sind die Eckpunkte der Planung, die im kommenden Jahr ins Planfeststellungsverfahren gehen soll und von 2003 an realisiert werden soll. „Das ist nichts anderes als eine Stadtautobahn“, fand Gerald Kirchner von der Bürgerinitiative „Keine Stadtautobahn durch Bremen“ und brachte damit die Einwände der AnwohnerInnen auf einen Nenner. Der Concordia-Tunnel sei das „Faustpfand, das wir haben, den Ausbau zu verhindern“.

So sehr sich die Planer – Gerd-Axel Ahrens vom Bauressort und Heiko Wenke vom Amt für Straßen und Verkehr – auch mühten, ihre Ideen blieben an diesem Abend chancenlos. Keineswegs sollten mehr Lastwagen leichter zum Güterverkehrszentrum kommen. Einziges Ziel der Maßnahme sei, den Straßenbahnbetrieb zu verbessern und die Zufahrt zur Innenstadt zu erleichtern. Man brauche die Kaufkraft der Autofahrer. Und, so Wenke: „Die Parkhäuser sind nicht zu 100 Prozent ausgelastet.“ Dafür bekam er ein kräftiges „Buh“ aus dem Auditorium.

Und Anwohner sowie Beiräte hielten dagegen: Der Verkehrsstrom sei kein Wasserfluss, sondern die Summe vieler Einzelentscheidungen für das Auto, entgegnete die Stadtplanerin Angelika Schlansky, der Autoverkehr müsse es so schwer wie möglich haben, „alles andere ist vorsintflutlich.“

Sie kenne überhaupt kein Stauproblem, meinte Christel Hoppe, FDP-Beirätin in Schwachhausen, und wer eines habe, „der muss auf ÖPNV umsteigen.“

Einen Vorwand, den Schwerlastverkehr zum GVZ zu erleichtern, argwöhnten die Grünen. „Wenn wir alles so lassen wie es ist“, sinnierte die Grüne Ute Treptow vom Beirat östliche Vorstadt, „wird sich auch gar nicht viel verändern.“

Dem konnten die Planer nicht so richtig widersprechen. Denn die Leistungsfähigkeit der Straße wird durch den Ausbau nicht erhöht, lediglich der Autofluss an den Kreuzungen verbessert. So blieb Planer Ahrens schließlich nichts anderes übrig, als aufs Geld zu verweisen: Die Sanierung der Straßen sei eh' irgendwann fällig, koste also Bremer Geld, und möglicherweise führe man jetzt mit dem geplanten Ausbau billiger, weil sich der Bund mit viel Geld daran beteilige.

Zum Schluss beschlossen fast alle Räte fast aller Parteien: Die jetzige Planung sei abzulehnen. „Minimale Verbesserungen für den ÖPNV sind nur zu erkaufen durch die Zerstörung des lokalen Stadtbildes und nur zu Lasten von Radfahrern, Fußgängern und der Wohnbevölkerung“, steht in der gemeinsam verfassten Erklärung. Und weiter: „Dies steht im Widerspruch zum übergeordneten Sanierungsziel, gerade die Wohnbevölkerung in unserer Stadt zu halten.“ 50 Millionen Mark für Brücken-, Straßen- und Schienenumbau seien zu viel, der Effekt der Maßnahme zu klein. Die Beiräte fordern weiter eine „ökologisch, sozial wie städtebaulich und verkehrlich verträgliche Planung“, außerdem die Einrichtung einer Kommission, an der sich alle drei Beiräte beteiligen. Schließlich die Gewähr, dass ihre „Interessen hierbei Berücksichtigung finden müssen.“

Allein die CDU-Beiräte von Mitte und östliche Vorstadt widersprachen, plädierten zuerst für „Nichtbefassung“ der Beiräte mit der Angelegenheit, hatten aber – wohl wissend, dass sie dafür keine Mehrheit finden würden – einen Zustimmungsantrag zur aktuellen Planung in petto. Doch damit blieben sie unter sich. Die Schwachhauser CDU-Beiräte schlossen sich der allgemeinen Erklärung an.

Der Abend endete hektisch. Punkt zehn, so das Diktat der Schulhausmeister, müsse Schluss sein, und noch längst hatte nicht jeder alles gesagt. Ortsamtsleiter Robert Bücking sprach Tröstendes: „Wir sehen uns in der Angelegenheit noch mal wieder.“

sgi