Studis uninteressiert Asta-Leute unwillig

Uni-Debatte bei Böll: Bachelor und Master könnten gut werden – wenn sie das Grundstudium reformieren

BERLIN taz ■ Plötzlich stand diese scharfe Anklage im Raum: Was machst du in diesem Gremium? Wer hat dich in diesen Akkreditierungsrat gewählt? Die harten Jungs vom Allgemeinen Studentenausschuss mochten das nicht durchgehen lassen. Dass einer von ihnen, ein Student, sich dafür hergibt. In jener Kommission mitarbeitet, die die allenthalben aus dem Boden schießenden neuen Studiengänge mit den Abschlüssen Bachelor und Master begutachtet. (Siehe Kasten oben) Womöglich werde der auch noch einen dieser teuflisch kurzen Studiengänge gutheißen! Wer sich an der Diskussion über Bachelor und Master beteiligt, so dekretierte einer der beiden Studi-Funktionäre, „der produziert schlicht Müll. Zeitvergeudung“.

Plötzlich hatte die grünennahe Heinrich-Böll-Stiftung die Kontroverse über Hochschulpolitik, die sie mit ihrer Veranstaltungsreihe „Berliner Hochschuldebatten“ entfachen will. Aber an einem unerwarteten Punkt: „Die Studis“ nämlich, so schien es, sind kategorisch gegen den berufsqualifizierenden, meist nach drei Jahren zu erringenden Grad des Bachelor. Und sie haben eine Heidenangst davor, dass der (für einen Teil der Bachelor-Absolventen) anschließende Masterstudiengang zu einem kleinen Elitezirkel zugangsbeschränkt werden könnte.

Da wurde selbst den studentischen Koorganisatoren von den Projekten „Gähnende Lehre?“ und „Kant 64“ mulmig: Viel mehr Studenten außer den Studi-Funktionären (sowie Arbeitsmarktberatern, interessierten Bildungsbürgern etc.) waren gar nicht gekommen. Und wollten sich den Kopf nicht zerbrechen.

Das Podium, wiewohl ehemals studentenbewegt und heute noch studentenfreundlich, reagierte humoristisch. Zunächst. Wolfgang Neef, Studienreformer der TU Berlin, hielt den Studis vor, schon vor zwanzig Jahren hätten ihre Vorgänger befürchtet, das damals so populäre Studium anhand konkreter Projekte diene der bloßen Dienstbarmachung der Uni für die Wirtschaft. „Nichts davon ist passiert“, meinte Neef. Und Wolf Wagner, der den Uni-Bluff, die prahlerische Schlauscheißerei in Seminaren, inzwischen in der x-ten Auflage des gleichnamigen Buchs entlarvt, sagte kichernd: „Keine Sorge, ein Professor lässt sich nicht so leicht für irgendetwas dienstbar machen.“

In Wahrheit sind Wagner, heute Konrektor für Lehre an der FH Erfurt, und Neef besorgter, als es schien. Neef sieht in der Strukturierung des Hochschulstudiums in Bachelor- und Masteretappen eine große Chance – wenn sie denn mit einer echten Umgestaltung des Grundstudiums einhergehe. Das abstrakte, unvermittelte Pauken von Theorieschmökern müsse raus aus dem Grundstudium; der Erwerb von Schlüsselqualifikationen durch Teamwork, Projektarbeit und Interdisziplinarität müsse rein in den Studienanfang. Und wer, fragte Neef, wenn nicht die Studis, sollte das einklagen?

Auch Wagner warb emphatisch darum, bei der Bachelor-Debatte mitzumachen. Die Studiensituation an den Unis nämlich sei unerträglich. Viele Studenten erwarteten daher Studiengänge, die schnell studierbar seien. Jüngste empirische Untersuchungen geben Wagner recht: Frisch immatrikulierten Studenten ist es am wichtigsten, ihr Studium möglichst schnell wieder zu beenden. Dennoch drohen sie bei der Debatte um Bachelor/Master außen vor zu bleiben.

Die Mehrheit der Studierenden freut sich gewiss auf die neuen Studiengänge. Aber werden sie sich daran beteiligen, sie zuvor mit zu entwerfen? Noch wäre es dafür nicht zu spät, denn offiziell anerkannt hat der Akkreditierungsrat bislang keinen einzigen der Dutzenden bereits eingerichteter Bachelor-/Master-Studiengänge. cif