Hansawelle jetzt nicht mehr Hanseatenwelle

■ Radio Bremen 4 und der private Bremer Sender „Wir von Hier“ sind Sieger der aktuellen Media-Analyse / Die Hansawelle verliert dagegen die Hälfte ihrer HörerInnen

Zwei Gewinner und einen Verlierer weist die aktuelle Media-Analyse aus. Neue Zahlen erklären seit gestern, wie viele BremerInnen wie oft welchen Hörfunksender hören. Ganz vorn: Radio Bremen 4. Der andere Gewinner ist das private Radio „Wir von hier“. Massiv verloren hat Radio Bremens Hansawelle. Allerdings hat die Arbeitsgemeinschaft Media-Analyse, die alljährlich die Daten liefert, ihre Methode verändert. Waren im vergangenen Jahr noch Interviewer von Tür zu Tür gegangen, so erfolgte die Befragung dieses Mal per Telefon. Das Ergebnis: „Man kommt auf etwas jüngere Gruppen, und auch mobilere Personen sind leichter zu erreichen“, erklärt Stephan Pommer, zuständiger Projektleiter. Ein Umstand, den nun alle Beteiligten für sich verwerten und von „nur bedingter Vergleichbarkeit“ sprechen wie beispielsweise Ralph Kohlemann vom NDR.

Zuerst die Zahlen im Detail: Die Hansawelle hat fast 50 Prozent ihrer Hörerschaft verloren. Wies die Media-Analyse von 1999 noch rund 115.000 Hörer täglich aus, so sind es in der aktuellen Statistik nur noch 62.000. Ihr Anteil sank damit von 22,4 Prozent auf 12,3 Prozent. Ein komplett entgegengesetztes Bild bietet die Entwicklung von Radio Bremen 4: Rund 69.000 Menschen (13,4 Prozent) täglich hörten das Jugendprogramm im Zeitraum der Analyse '99, rund 95.000 (18,7 Prozent) sind es aktuell. RB 2 hat geringfügig HörerInnen gewonnen und hat jetzt einen Anteil von 2,6 Prozent im Vergleich zu 2,4 Prozent im Jahr zuvor. Und Radio Melodie hat auch verloren, von 7,6 Prozent auf 6,9 Prozent am Anteil der täglichen Hörerschaft.

Auch der NDR hat in Bremen verloren. Hörten im Zeitraum der Analyse'99 noch 22,5 Prozent der BremerInnen Radio Niedersachsen, so sind es nun nur noch 18,4 Prozent, ähnlich verhält es sich beim Dudelfunk NDR 2 und Klassiksender NDR 3, gewonnen haben schließlich NDR 4 Info (von 1,3 auf 2,6 Prozent), schließlich Radio Enjoy (2,9 auf 3,2 Prozent).

Gemeinsam mit dem NDR, trumpfte gestern RB-Pressesprecher Michael Glöckner, halte man immerhin noch zwei Drittel der Hörerschaft: „Ein Erfolg“.

Gewinner gegenüber den Öffentlich-Rechtlichen sind einmal mehr die Privatsender. Hier verkaufte sich gestern jeder als Sieger. Wahrer Champion Nummer Eins aber ist das im vergangenen Jahr gestartete Radio „Wir von hier“: Mit 19.000 „Hörern pro Stunde“ in Bremen – diese Größe entscheidet über die Wirksamkeit von Werbung und ist deshalb Maßstab für die Privaten – haben sich die Radiomacher an der Schlachte von Null auf Platz Eins bei den Privatradios katapultiert. Hit-Radio Antenne bleibt wie im Vorjahr bei 18.000 Hörern, ebenso Radio ffn bei 17.000. Auch wenn nach der neuen Zählweise jüngere HörerInnen vermehrt registriert werden, ergo ein Stagnieren bei Antenne und ffn de facto einen Hörerverlust bedeuten könnte – gefeiert wurde dennoch. Das Bremer Ergebnis für seinen Sender, versuchte Antenne-Geschäftsführer Steffen Müller den Festlärm im Hintergrund zu übertönen, sei für das Gesamtergebnis relativ unwichtig. Denn allein in Niedersachsen kann sich Müller über 75.000 mehr Hörer pro Stunde freuen. „Wir von hier hat uns voll angegriffen. Wir haben den Angriff erfolgreich abgewehrt“, erklärte General Müller die Bremer Zahlen und meinte überdies, dass „Wir von hier“ im Umland keinen Schnitt mache, nur in Bremen allein jedoch nicht überlebensfähig sei. Bei „Wir von hier“ feierte man unterdessen auch und lächelt über Müller, dessen Antenne für den ganzen Norden natürlich im Umland besser zu empfangen sei.

„Zum Schluss“, erklärt Medienfachmann Dr. Friedrich Krotz vom Hamburger Hans-Bredow-Institut, befragt nach den Wirkungen der neuen Zählweise, „ist alles wieder Interpretationsfrage.“ sgi