Brummend ins Glück

■ Neu im Kino: „Ghengis Blues“ – oder: Warum Obertonsänger gute Freunde sind

Lange zurück liegen Paul Penas besten Tage, damals, als er noch mit Bonnie Raitt, B.B.King und Steve Miller Musik machte. Das Filmemacherduo Roko und Adrian Belic brachte ihn offensichtlich nicht mal dazu, von seinen Glanzzeiten zu erzählen. Nur ein paar vergilbte Zeitungsschnipsel erinnern in ihrem Dokumentarfilm „Genghis Blues“ daran: ,Der blinde Bluesmusiker und die großen Stars', plappern die Headlines. 1995 ist Penas Lage diese: Freunde hat er nicht, ohne fremde Hilfe schafft er es nur bis zum Zeitschriftenkiosk am Eck, und seit dem Tod der Ehefrau nimmt er Antidepressiva. Sein tapsiger, verunsicherter Körper hat es nie so recht gelernt, mit der Behinderung umzugehen.

Durch Zufall entdeckt er eine merkwürdige Begabung: Er versteht es zu Brummen wie die mongolischen Obertonsänger, wie man es hierzulande zum Beispiel von „Huun-Huur-tu“ kennt. Er lernt Kongar-Ol Ondar kennen, und der ist immerhin nicht nur in Tuva ein Star, sondern durch die Zusammenarbeit mit dem Kronos-Quartett und Frank Zappa quasi musikalisch geadelt. Ondar lädt Pena nach Tuva ein, und prompt finden sich um den vereinsamten, traurigen, müden Bären ein paar mehr oder weniger irre, nette Menschen ein, die ihn bei seiner großen Reise unterstützen und begleiten. Als Grund nennen sie zum Beispiel, dass ihnen der Name der tuvinischen Hauptstadt so gut gefällt.

Die heißt Kysyl. Filme über Städte namens Kysyl beginnen natürlich in leichter, heiterer Tonlage. Dem freakigen Unternehmen angemessen schwankt die Kamera zwischen kunstvoller Bildkomposition (etwa mit Überblendungen) und dem typischen Authentizitätsgebaren (etwa mit fett durchs Bild laufenden Leuten). Doch mit der Zeit wird der Rhythmus der Schnitte beruhigt durch die weiten Horizonte der Steppen- und Gebirgslandschaft, die wir aus Michalkows Film „Urga“ kennen.

Und plötzlich fängt das kleine, entspannte Filmchen an, den Betrachter ganz traurig zu stimmen. Im fernen Tuwa wird Paul Pena in Konzerten von 1.000 Leuten stürmisch bejubelt, halb als Unikum, halb wegen seiner gewaltigen Stimme. Er gewinnt sogar einen Preis – und viele Freunde. Doch als Blinder fühlt er sich vom Leben ausgeschlossen. Und zurückgekehrt ins mitleidlose, unfreundliche Amerika sieht er gleich schon gar keine Perspektive. bk

tgl. im Cinema um 19 Uhr. Am Montag, den 10. Juli, gibt der Obertonsänger Robert Schimmelpfeng ebendort eine Einführung in die Gesangstechnik. Infos zu dieser einmaligen Veranstaltung gibt es unter der Telefonnummer 70 09 14.