Polizisten fordern Maulkorb

Hasenheide ist Hundeheide. Deshalb waren Polizisten und andere Beamte am ersten Gültigkeitstag der verschärften Hundeverordnung in Neukölln besonders präsent. Mit mehr oder weniger Erfolg

von BERT SCHULZ

Ruhig liegt sie da, die Hasenheide, an diesem ersten Tag nach der Verschärfung der Berliner Hundeverordnung. Wer sich jedoch etwas genauer umschaut, entdeckt neben den üblichen morgentlichen Besuchern seltenere Gäste. Sechs- bis achtköpfige Gruppen von Polizeibeamten, Steuerfahndern, Senatsmitarbeitern sowie Amtstierärzten patrouillieren durch den Park. Beobachtet werden sie von den ebenfalls zahlreich anwesenden Fotografen, Kameraleuten und Journalisten. Selbst eines der neu gebildeten Interventionsteams der Polizei ist in Reichweite.

Sie alle sind auf der Suche nach unkontrolliert umherrennenden Kampfhunden und ihren Besitzern. Die Hasenheide wird, als bekanntes Hunde-Eldorado, auch in den kommenden Wochen einer der Schwerpunkte der Polizeikontrollen sein. Das kündigt zumindest der Sprecher der Gesundheitsverwaltung, Klaus-Peter Florian, an.

Andrea Pfundt hat davon noch nichts bemerkt. Sie sitzt wie so oft am Morgen mit fünf weiteren Hundebesitzern auf den Bänken im Hundeauslauf des Parks. Ihr vierbeiniger Freund gehört als Bordeaux-Dogge-Schäferhund-Mischung in die Kategorie Kampfhunde – und trägt trotzdem keinen Maulkorb. Wie auf Kommando springt er plötzlich auf einen anderen Hund zu, um mit ihm ein bisschen zu rangeln. „Der verteidigt nur sein Territorium“, beruhigt Ljubicic Thadeus, einer der anderen Hundebesitzer. Wenig später verabschiedet sich Andrea Pfundt: „Ich gehe jetzt einen Maulkorb kaufen.“ Obwohl sie nicht weiß, wie ihr Tier darauf reagiere. Sie nimmt die neue Verordnung ernst – wenn auch mit einem Tag Verspätung.

Ein weiterer Kampfhund naht. Dem neuen Dresscode entsprechend trägt der Stafford-Pitbull einen metallenen Maulkorb. Von Journalisten sei er zwar schon „angequatscht worden“, meint sein Besitzer, ein 48-jähriger Mann aus Neukölln, aber noch nicht von der Polizei. Das ändert sich schnell, als wenig später die erste erweiterte Polizei-Patrouille vorbeikommt und ein Kamerateam eines TV-Senders die beiden Parteien fotogen zusammenbringt. Die Beamten drücken, während der Kampfhund sie ankläfft, dem Neuköllner ein Informationsblatt in die Hand.

Seit einer halben Stunde sei sie bereits in der Hasenheide unterwegs, berichtet die Amtstierärztin des Bezirks Neukölln, Sabine Heidrich-Joswig. Ein nicht angeleinter Cockerspaniel sei bisher das Einzige gewesen, was ihr Team zu monieren hatte.

Später gibt es dann doch richtige Arbeit für die Ordnungshüter. „Sehr vorsichtig“, geradezu „respektvoll“, hätten sich einige der Polizisten ihrem weißen American Bulldog genähert, berichtet Susann Mühring. Sie nahm’s lässig: Ihr Tier fällt nicht unter die verschäfte Verordnung.

Empört reagieren dagegen zwei junge Hundebesitzerinnen aus Neukölln auf die Kontrolle. Die Polizisten hätten ihren reinrassigen Boxer – ebenfalls nicht maulkorbpflichtig – nicht von einem Kampfhund unterscheiden können, schimpfte eine der beiden. Sie bezweifelte, dass die Beamten anhand von Schwarzweißkopien die Tiere eindeutig identifizieren könnten. Trost bereite ihr da nur, dass ihr Boxer wenigsten zweien der Beamten etwas Respekt einjagte.

Die vorläufige Bilanz dieses ersten Morgens ist für Klaus-Peter Florian aber eindeutig positiv. Man habe nur vernünftige Leute angetroffen, die ihren Kampfhund mit Maulkorb an der Leine führten. „Das Signal, dass diese Verordnung gilt und es ernst damit ist, ist angekommen“, meinte der Sprecher der Gesundheitsverwaltung und fügte hinzu: „Wir brauchen eine Versachlichung der Debatte.“