Brüssel darf Volkswagen zu Strafe verdonnern

Weil VW billige Re-Importe aus Italien verhindert hat, bestätigte das Europäische Gericht gestern eine Rekordstrafe von 176 Millionen Mark

FREIBURGtaz ■ Volkswagen muss 176 Millionen Mark an die Europäische Union (EU) überweisen. Dies entschied gestern das Europäische Gericht (EuG) erster Instanz in Luxemburg. Es bestätigte dabei weitgehend eine Rekordbuße, die die EU-Kommission 1998 gegen den Konzern verhängt hatte. Der Vorwurf: VW habe seine italienischen Vertragshändler dazu angehalten, nicht an Interessenten aus anderen EU-Staaten zu verkaufen. Gegen das Urteil kann VW binnen zwei Monaten Rechtsmittel zum Europäischen Gerichtshof (EuGH) einlegen.

Als Anfang der 90er-Jahre die Lira stark an Wert verlor, wurde Italien zu einem beliebten Einkaufsland für deutsche und österreichische Autokäufer. Auch deutsche Marken waren dort billiger zu haben als im Herstellungsland. Die VW-Konzernzentrale versuchte jedoch mit einem ganzen Bündel von Maßnahmen, solche Re-Importe aus Italien zu behindern oder gar zu unterbinden.

Nach Recherchen der EU-Kommission waren Preisnachlässe für die Händler zeitweise daran geknüpft, dass das Fahrzeug in Italien und nicht im Ausland zugelassen wird. Und bei Bonuszahlungen für gute Verkäufer seien Auslandsgeschäfte nur in begrenztem Maß berücksichtigt worden.

Wer dennoch zu viel mit Ausländern handelte, sei von der Zentrale abgemahnt worden, so die Kommission. Zwölf italienische Autogeschäfte hätten am Ende sogar ihren Status als Vertragshändler eingebüßt.

Die Kommission hatte das Bußgeld auf zahlreiche Unterlagen gestützt, die bei der Konzernzentrale und in Italien beschlagnahmt wurden. Die Anwälte von VW bestritten die Vorwürfe – bei den beschlagnahmten Unterlagen habe es sich nur um „konzerninterne“ Überlegungen gehandelt. Das EU-Gericht bestätigte nun jedoch, dass die italienischen Vertragshändler von Volkswagen dazu veranlasst wurden, „mindestens 85 Prozent“ der erhaltenen Wagen in Italien zu verkaufen.

Die ursprüngliche Geldbuße in Höhe von 202 Millionen Mark wurde gestern vom EuG allerdings auf 176 Millionen Mark reduziert, unter anderem weil die Kommission die Presse schon vor Abschluss ihrer Ermittlungen über das geplante Bußgeld informiert hatte. In der EU-Kommission reagierte man auf dem Ausgang des Prozesses mit Freude, denn auch gegen andere Autohersteller – DaimlerChrysler, Opel und Renault – sind ähnliche Verfahren im Gange.

CHRISTIAN RATH