SPD-Streit um die PDS

Sachsen-Anhalts Sozialdemokraten streiten sich weiter um die Zukunft des „Magdeburger Modells“. Die Rechten wollen Partnerschaft mit der PDS beenden

DRESDEN taz ■ Normalerweise streiten sich die Sozialdemokraten in Sachsen-Anhalt mit der PDS. Diese Begleiterscheinungen des Magdeburger Modells ist nun um eine Facette reicher: Diesmal bekämpfen sich Sachsen-Anhalts Sozis untereinander. Seit Tagen beschimpfen sich SPD-Politiker öffentlich, äußern Verdächtigungen und fordern sich gegenseitig zum Rücktritt auf.

Den Ball ins Rollen brachte der SPD-Finanzpolitiker Michael Hoffmann. „Wenn wir Sachsen-Anhalt als Unternehmen begreifen würden, müssten wir Konkurs anmelden“, erklärte er. Schuld sei die PDS, mit der als Partner die Staatsfinanzen des ärmsten Bundeslandes nicht zu sanieren seien.

Das ist das eine. Das andere: Ende Juni gab Innenminister Manfred Püchel bekannt, sich auf dem Parteitag im November als Landes-Vize zu bewerben. Der Merseburger Peter Oleikiewitz, in der letzten Woche zum dritten Fraktionsvize gewählt, brachte Püchel jetzt gar als neuen Landeschef ins Gespräch.

Hoffmann, Oleikiewitz, Püchel – die „Neuen Mitte“ innerhalb der Landes-SPD macht gegen die Tolerierung der SPD-Minderheitsregierung durch die PDS mobil. Am vergangenen Wochenende hatte sich der rechte Sozi-Flügel für eine Kurskorrektur in der Landespolitik ausgesprochen und Hoffmann mit seiner Bankrotterklärung ins Rennen geschickt.

Das hat Landes - und Fraktionschef Rüdiger Fikentscher prompt aufgenommen. Für ihn sei unverständlich, dass die jetztigen Kritiker bisher ohne Murren in Entscheidungsgremien mitgewirkt hätten, sagte der Parteilinke. Er bezeichnet Hoffmanns Vorstoß als „zerstörerische Kritik“ und „eine gezielte Kampagne des rechten Flügels gegen die Parteispitze“. In der Fraktion wurde der Ruf nach Hoffmanns Rücktritt laut. In der Wochenmitte stärkte dann der Anhaltiner Bundestagsabgeordnete Uwe Küster mit einem Papier der Hoffmann-Oleikiewitz-Püchel Achse den Rücken: Die Landesführung wolle mit persönlichen Angriffen eine parteiinterne Sachdiskussion abwürgen. Was wiederum Jens Bullerjahn, parlamentarischen Fraktions-Gechäftsführer, zur Attacke veranlasste. Der schalt Püchel schlicht einen „Strippenzieher“.

Ministerpräsident Reinhard Höppner (SPD) weilt derzeit auf Investorenwerbung in Amerika, sei allerdings telefonisch über die Vorgänge informiert, wie sein Sprecher erklärte. Höppner habe nicht das Gefühl, dass es sich bei all dem um eine Staatskrise handele, die seine sofortige Präsenz erfordere. In der Tat ist der Grabenkrieg nur Ausdruck der politischen Situation in Sachsen-Anhalt. 2002 stehen Landtagswahlen an, und zumindest so viel scheint schon heute festzustehen: Eine dritte Auflage des Magdeburger Modells wird es nicht geben. Die Alternativen sind allerdings auch nicht sonderlich attraktiv: eine große Koalition mit der chronisch im Tief steckenden CDU oder eine rot-rote Koalition, die die SPD teuer bezahlen müsste.

Weil die Weichen spätestens auf dem Parteitag im November gestellt werden, versuchen Rechte wie Linke jetzt ihre Pfründen zu sichern. Im Moment haben die Linken die Nase vorn: Hoffmann bedauerte inzwischen seine Äußerung, Püchel sprach sich gegen eine Grundsatzdebatte zum jetzigen Zeitpunkt aus. Den Rest soll eine Fraktionssondersitzung am Samstag klären.

NICK REIMER