Coach mit Charakter

Rainer Speer hat den Aufstieg des ostdeutschen SPD-Hoffnungsträgers Matthias Platzeck organisiert – und sich damit nicht nur Freunde gemacht

Das Erfolgsduo werden die Fotografen nicht ablichten können. Wenn Matthias Platzeck heute zum Landeschef der Brandenburger SPD gewählt wird, sucht Rainer Speer in seinem Kanadaurlaub nach Eisbären. Der Mann hat seine Arbeit längst gemacht. Als im Frühjahr zwei Spitzengenossen um den Parteivorsitz stritten, entschied Speer das Duell, indem er Platzeck als dritten Kandidaten präsentierte.

Speer ist seit langem Platzecks Coach auf dem Weg nach oben. Vor fünf Jahren gewann er den parteilosen Umweltminister für die SPD, später überredete er ihn, Potsdamer Oberbürgermeister zu werden. Die Allianz geht nun in die nächste Runde. Mit Platzeck als Parteichef bleibt Rainer Speer Spiritus Rector der Brandenburger SPD. Dabei sitzt er nicht mal im Landesvorstand. Er hat jedoch die Partei in Potsdam 1989 mitgegründet, kennt alle Akteure und Wendungen.

Meinungen zum Machtmensch Speer leisten sich nur wenige Brandenburger Sozialdemokraten. „Er ist ein begnadeter Stratege“, lobt Ex-Jusochef Harald Senff. Die „ständigen Hinterzimmermauscheleien“ beklagt hingegen Führungsmitglied Katja Wolle. Sein Freund Matthias Platzeck findet: „Er ist ein brillanter Denker, hat einen schönen Humor und kann gut kochen.“ Mit Dreitagebart, Nickelbrille und Sportuhr kommt Rainer Speer als Charakterdarsteller daher. Er guckt gern spöttisch und mag öffentliche Auftritte nicht. Der 40-Jährige weiß, dass er nicht zum Volkstribun taugt, und bewundert Platzeck für diese Begabung sehr.

Speer hat sich bisher nur einmal gründlich geirrt. Als es 1990 um die Spitzenkandidaten für die Landtagswahl ging, setzte er nicht auf Manfred Stolpe, sondern auf einen kirchenfernen Wendepolitiker. Stolpe war nicht nachtragend: Seit letztem Herbst ist Speer Chef der Staatskanzlei: „Stolpe schätzt meine Offenheit, ich bin kein Jasager“, so Speer selbstbewusst.

An Tagen ohne offizielle Termine sitzt Rainer Speer in Freizeithemd, Jeans und Turnschuhen in seinem Büro. Die Medien erklären ihn zwar gern zur „grauen Eminenz“, doch das Bild geht nicht auf: „Ich will bunt und erkennbar sein.“ Als Meister der Selbstinszenierung gibt er ab und an den Edelproleten – mit Schirmmütze, Hosenträger, Zigarre und Fahrrad.

Die CDU nennt ihn „ein Original“, die PDS würdigt ihn als „fair und korrekt“. Obwohl Speer seinerzeit die große Koaltion mit der CDU wollte, die Matthias Platzeck im Landesvorstand dann durchsetzte. Die nächste Station für das unschlagbare Doppel ist nun der Stolpe-Wechsel. MANUELA THIEME