Soundcheck

Gehört: The Corrs. Brav, bieder, langweilig, poppig. Diese Attribute kann man den Corrs bestens vorwerfen, weil es so schön wahr ist. Doch damit tut man ihnen auch unrecht. Sie haben nie beansprucht, zur Speerspitze der musikalischen Avantgarde zu gehören. Ihr Multi-Platin-Debut-Album Forgiven, not forgotten von 1995 war wunderschön, mit einem Hauch Folklore im Hintergrund. Der Ehrlichkeit halber. Neue Alben, neue Radiohits folgten. In Blue nennt sich der neueste Streich von Streicherin Sharon und Geschwistern mit weniger Irland und mehr International.

Im ausverkauften Stadtpark bei ihrem einzigen Deutschland-Auftritt macht man es sich gegenseitig schwer: Abwartend blicken die Zuschauer in den Begrüßungsnebel. Die vier Corrs lassen sie warten. Schleppend beginnen sie ihre Hits herunterzuspielen. Die klingen schön in der gnädigen Abendsonne, aber genau wie auf CD. So stehen die Fans also im grünen Oval des Stadtparks, lauschen und würden sich doch viel lieber zuhause hinsetzen, weil The Corrs dort besser wirken.

Es folgt „Forgiven, not Forgotten“ und Sängerin Andrea lässt sich in ihrem Abschlussball-Kostüm zu ersten Gesten hinreißen. Wie ein Engel erhebt sie die Arme, nähert sich sogar langsam dem Bühnenrand. Aber das reicht nicht. Wie auf stand-by verharrt das Publikum, lechzt nach jeder Gefühlsregung, nach jeder Kontaktaufnahme. Ein Kuschel-Seehund fliegt auf die Bühne, ein kurzer Blick, und er bleibt liegen. Warum verschenkt sich diese Band nur so? Niemand erwartet hier stage-diving, doch etwas Begeisterung für ein Publikum, dass nur darauf wartet begeistert zu werden, wäre nicht zu viel verlangt.

Während der Zugabe wird es wohl allen klar: Hier ist bald Schluss. Und der Funke zwingt sich zum Überspringen. Die beiden Frontfrauen geraten in Bewegung, die Geige fiedelt los. Irisch will es der Mitdreißiger, fängt an zu hüpfen und klatschen. Auch die Stars verlassen den Pophimmel, geraten in Wallung. Man möchte sie anflehen: schreit, hüpft, macht weiter, gebt dem Publikum den Folk. Doch da ist schon alles vorbei. Scheu nehmen sich die vier Corrs in den Arm, ein Knicks und weg sind sie. Nur der arme Seehund liegt noch immer auf der Bühne. Volker Peschel