Sicherheitsstufe 1 für den iranischen Gast

Während des Staatsbesuchs von Präsident Mohammad Chatami sind 3.500 Polizisten im Einsatz. Allein heute sind sieben Demonstrationen angemeldet. Angst vor Krawall durch Geheimdienstler. Personenkontrollen geplant

Die Hauptstadt wird sich heute in einer Art Ausnahmezustand befinden. Wegen des Besuch des iranischen Staatspräsidenten Mohammad Chatami herrscht Sicherheitsstufe eins – unwidersprochen bleiben in Sicherheitskreisen Einschätzungen, dass der Schutzaufwand größer sein werde als beim Besuch des US-Präsidenten Bill Clintion im vergangenen Monat. Rund 3.500 Polizisten werden bis Mittwoch im Einsatz sein. Dazu gehören neben Beamten aus der Hauptstadt auch Polizisten aus anderen Bundesländern und Bundesgrenzschutzkräfte (BGS).

Allein für heute sind sieben Demonstrationen und Kundgebungen an zentralen Orten der Stadt angemeldet. Die Polizei rechnet mit „etlichen tausend“ Demonstranten. Nur zu einer zentralen Kundgebung am Pariser Platz vor dem Brandenburger Tor erwarten die Anmelder am Vormittag 25.000 Teilnehmer. Am Alexanderplatz wollen sich im Laufe des Tages zweimal Protestler versammeln, ebenso am Pariser Platz, in der Karl-Liebknecht-Straße in Mitte, am Werderschen Markt und vor dem Iranischen Generalkonsulat an der Podbielskiallee in Dahlem.

Entsprechend ist mit erheblichen Verkehrsbehinderungen aufgrund von Straßensperren zu rechnen, sagte gestern ein Polizeisprecher. Um möglichen Missfallenskundgebungen aus dem Weg zu gehen, wird Chatami selbst allerdings innerhalb Berlins fast ausschließlich mit einem BGS-Hubschrauber unterwegs sein.

Nach Informationen des Nachrichtenmagazins Der Spiegel sind Agenten des iranischen Geheimdienstes „Vevak“ als Krawallmacher in die Bundesrepublik „abkommandiert“ worden. Die Provokateure sollen dem Bericht zufolge für Tumulte sorgen, die den als gemäßigt geltenden Chatami im Iran „desavouieren und diskreditieren“ könnten. Ein Sprecher der Polizei sagte zwar, dass dieser Bericht eher „eine Geschichte aus den Fabeln“ zu sein scheine. Zweifellos aber habe der Besuch „eine gewisse Brisanz“. Bereits eine Iran-Konferenz im April, so der Spiegel, hätten iranische Geheimdienstler gewaltsam sabotiert. Das Treffen wurde abgebrochen.

Klar ist, dass von außerhalb viele Demonstranten anreisen werden. Für eine Demonstration iranischer Oppositioneller am Brandenburger Tor wird europaweit mobilisiert. Gegner des Mullah-Regimes in Teheran, die aus dem Ausland kommen wollen, sollen nach Angaben des Bundesinnenministeriums bereits an der Einreise gehindert werden. Den deutschen Behörden lägen ernst zu nehmende Hinweise vor, das Oppositionsgruppen mit Sitz im Ausland massive Störaktionen planten.

Nach Informationen aus Polizeikreisen soll Chatami, wie der US-Präsident, im „Intercontinental“ an der Budapester Straße im westlichen Teil der City wohnen. Die auch von Clinton belegte Suite habe die „besten Sicherheitsbedingungen“, hieß es. Die Polizei wird Bomben- und Scharfschützenkommandos im Einsatz haben. Auch wegen Personenkontrollen und Sicherheits-Checks werde es zu starken Beeinträchtigungen kommen, sagte eine Polizeisprecherin.

Unterdessen hat die PDS-Fraktion im Abgeordnetenhaus dagegen protestiert, dass sich Chatami ins Goldene Buch der Stadt eintragen dürfe. Der iranische Präsident repräsentiere ein Regime, „dass durch Menschenrechtsverletzung und brutale Bekämpfung der demokratischen Opposition traurige Bekanntheit erlangt“ habe. PHILIPP GESSLER

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