Der Einfallsreiche

Martin Sonneborn, Chefredakteur der „Titanic“, der die Weltmeisterschaft erst nach Deutschland holte, wird jetzt vom DFB mit einer Klage bedroht

Groß, blond, stahlblaue Augen mit verträumtem Blick, verspielte Grübchen tanzen um die sinnlich geschwungenen Lippen – Martin Sonneborn ist zweifellos ein schöner Mann. Sein leicht vorgebeugter Gang hat etwas Federndes, Raubtierhaftes. Stets wirkt er wie eine Katze vor dem Sprung.

Am 15. Mai 1965 kam er in Göttingen auf die Welt. Erzogen wurde er von Franziskanern und Ursulinerinnen an einer katholischen Privatschule in Osnabrück. Nach einem Studium der Germanistik, Publizistik und Politikwissenschaften in Münster, Wien und Berlin (mit einer Magisterarbeit über das Satiremagazin Titanic) arbeitete er zunächst als freier Journalist für die taz, Titanic und Die Zeit, bevor er 1995 Titanic-Redakteur in Frankfurt wurde. Seit Februar dieses Jahres ist er deren Chefredakteur. Sonntags zieht sich das bekennende FDP-Mitglied gern ein Priesterhemd an: „Wenn ich dieses Hemd trage, werde ich im Café viel zuvorkommender bedient und auch im Bus bietet man mir einen Sitzplatz an.“ Doch der heilige Schein trügt. Martin Sonneborn kann von einer unvorstellbaren Härte sein. Nachts um 2.30 Uhr gibt er zuweilen Praktikanten den Befehl: „Du musst morgen übrigens schon um 8.30 Uhr in der Redaktion sein.“ Zuwiderhandlung bestraft er mit knappen Worten: „Deine Papiere liegen auf deinem Tisch.“

Ob sich Martin Sonneborn nach der jüngsten Titanic-Aktion nun selbst seine Papiere abholen darf, ist ungewiss. Doch die Klageandrohung des DFB nimmt er gelassen hin: „Rechtlich sind wir auf der sicheren Seite. Es gibt gewisse Paragraphen, die Bestechung unter Strafe stellen, die aber in diesem Fall nicht zur Anwendung kommen, weil wir niemanden bestochen haben. Die Kuckucksuhren und Schwarzwälder Schinken, die wir angeboten haben, wollte ja niemand haben. Unsere Aktion ist in keiner Form verwerflich. Ich habe die Dame an der Hotelrezeption gebeten, unsere Faxe sofort weiterzuleiten. Sie hat sie dann wohl in einen Umschlag gesteckt und unter den Türen durchgeschoben, wodurch die Sache erst so konspirativ wurde.“

Enttäuscht zeigt sich Sonneborn über die Reaktion des DFB: „Wir haben eigentlich mit einem Geschenkkorb und Freikarten gerechnet. Schließlich haben wir das Ding rumgerissen.“ Nach dem Aufruf der Bild, der Titanic die Meinung zu sagen, gingen so viele Anrufe in der Redaktion ein, dass sie schon für eine CD ausreichen, die demnächst auf den Markt kommen wird. Dazu Sonneborn: „Es ist hochinteressant, was für Leute überwiegend die Bild-Zeitung kaufen.“

CORINNA STEGEMANN