Schützenfest schlägt Expo

Expo ist der Hit für die Region um Hannover, aber nicht mehr. Aufsichtsrat bewilligt wegen mäßiger Besucherzahlen internationale Medienkampagne. Eintrittspreise sinken für Rentner, keine Parkgebühren mehr, freier Eintritt für Kinder

von JÜRGEN VOGES

Expo-Chefin Birgit Breuel ist etwas blass im Gesicht, aber ansonsten selbstbewusst wie stets, der Aufsichtsratvorsitzende Helmut Werner voll des Lobes für „das hervorragende Produkt“ Weltausstellung – so präsentierten sich die Verantwortlichen nach der Aufsichtsratssitzung am Freitag. Der Rat hatte sich zum ersten Mal nicht mit mehr Prognosen, sondern mit der realen, sehr mäßig besuchten Weltausstellung in Hannover befasst.

Gerade rechtzeitig zur ersten Sitzung nach Expo-Eröffnung hatten die Expo-Macher noch die neueste Hiobsbotschaft, einen erheblichen Rückgang der Besucherzahlen in der fünften Ausstellungswoche, verkünden müssen. 633.000 zahlende Gäste haben die Weltausstellung in der fünften Öffnungswoche besucht, 187.000 weniger als in der Vorwoche. Als Erklärung für diesen Einbruch bemühte Expo-Sprecherin Wibke Bruhns das Schützenfest, das parallel in Hannover stattfand. Die niedersächsische Konkurrenz aus Achterbahnen, Bier, Korn und Blechmusik hat der ersten Weltausstellung auf deutschem Boden offenbar ziemlich zugesetzt.

Die Expo müsste an allen 153 Öffnungstagen im Durchschnitt jeweils 261.000 zahlende Besucher anziehen, um das in den Finanzplänen festgeschriebene Ziel von 40 Millionen zu erreichen. Bis jetzt fanden täglich rund 79.000 Besucher den Weg auf die Ausstellung im Südosten Hannovers. Am Wochenende, als die Weltausstellung bereits ein Viertel ihrer Öffnungszeit hinter sich brachte, lag die Gesamtbesucherzahl erst bei rund 3,1 Millionen.

Der Kartenverkauf soll eigentlich die Haupteinnahmequelle der Expo sein. Die Weltausstellung wird also in die Kassen des Bundes und des Landes Niedersachsen ein Milliardenloch reißen. Wer allerdings von den Expo-Oberen ein Wort des Bedauerns über die in den Sand gesetzten Steuergelder erwartet hatte, sah sich nach der Aufsichtsratssitzung getäuscht. Der ehemalige Mecerdes-Chef Helmut Werner hob in der Manier eines Industrievertreters die Zufriedenheit der Expo-Sponsoren Bertelsmann, DaimlerChrysler und Post AG hervor.

Von dem Ziel, in der verbleibenden Expo-Zeit immer noch insgesamt 40 Millionen Besucher nach Hannover zu locken, wollte sich der Aufsichtsratschef, anders als Birgit Breuel jedoch nicht verabschieden. Für den erhofften Ansturm sollen nun Preissenkungen und eine neue Werbekampagne sorgen, für die der Aufsichtsrat 70 Millionen Mark bewilligt hat. Die Fernsehwerbespots und Zeitungsanzeigen sollen Werner zufolge die Weltausstellung von einer niedersächsischen zu einer „nationalen Veranstaltung“ machen. Bisher ist die Expo nämlich nur ein Ereignis für die weitere Region um Hannover. Zwar hat nach Angaben des Aufsichtsratsvorsitzenden schon jeder 6. Niedersachse, aber etwa nur jeder 160. Baden-Württemberger die „Welt“-ausstellung gesehen.

Zur besonderen Freude des ehemaligen Mercedes-Chefs werden durch die am Freitag beschlossenen Preissenkungen vor allem spontane Touren mit dem Auto zur Expo billiger: Die 25.000 Parkplätze an der Expo sind ab sofort gebührenfrei. Genauso entfällt der Aufschlag von 10 Mark auf erst am Gelände und nicht im Vorverkauf erworbene Eintrittskarten. Bis 31. August wird zudem der Eintrittspreis für Rentner von 69 auf 49 Mark gesenkt, und bis dahin kann auch jeder Erwachsene ein Kind bis zum Alter von zwölf umsonst mit aufs Gelände nehmen.

Angesichts der Besucherflaute soll die Expo jetzt zu Dumpingpreisen an Frau, Mann und Kind gebracht werden. Dass sich mit Sonderangeboten nicht die Kassen wie vorgesehen füllen lassen, dürfte allerdings auch Werner klar sein, der den im Expo-Finanzplan vorgesehenen Erlös von 1,8 Milliarden Mark aus dem Kartenverkauf am Freitag ein „immer ehrgeizigeres Ziel“ nannte.

Überschlägt man alle Finanzlöcher, die sich bei der Weltausstellung schon aufgetan haben, so ergibt sich nunmehr ein absehbares Defizit von runden zwei Milliarden Mark. Ein Minus von 400 Millionen sieht der Finanzplan ohnehin vor. Eine weitere Lücke von annähernd 250 Millionen ist durch zu geringe Einnahmen durch Sponsoring entstanden. Die Parkgebühren, auf die jetzt gänzlich verzichtet wird, sollten eigentlich auch 100 Millionen in die Expo-Kasse bringen. Bei den Erlösen aus dem Kartenverkauf schlägt nicht nur die geringe Zahl der Besucher, sondern auch der geringe Durchschnittspreis der bislang verkauften Karten negativ zu Buche.